18.10.2024
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Dokument-Nr. 9616

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Oberlandesgericht Rostock Urteil07.05.2010

OLG Rostock: Klinik muss konservierte Eizellen an Witwe herausgebenHerausgabe stellt keine strafbare Handlung der Klinik dar

Das Oberlan­des­gericht Rostock hat entschieden, dass eine Klinik dazu verpflichtet ist, einer Witwe nach dem Tod des Ehemannes die künstlich befruchteten Eizellen des Paares herauszugeben. Da die Verwendung des Samens zwar nach dem Tod des Mannes unzulässig ist, Eizelle und Samen aber bereits zum Zeitpunkt des Todes des Mannes untrennbar miteinander verbunden waren, kann der Klinik bei der Herausgabe keine strafbare Handlung vorgeworfen werden.

Im zugrunde liegenden Fall hatten sich die Klägerin und ihr Ehemann im März 2008 bei der beklagten Klinik einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen. Die kryokon­ser­vierten Eizellen wurden dann in der Klinik eingelagert. Anfang Juli 2008 verstarb der Ehemann der Klägerin an den Folgen eines Motorradunfalls.

Klägerin will Implantation der Eizellen in Polen vornehmen lassen

Die Klinik lehnte eine Implantation der kryokon­ser­vierten Eizellen im Vorkernstadium in die Gebärmutter der Klägerin unter Berufung auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 ESchG ab. Daraufhin nahm die Klägerin, den bereits mit ihrem Ehemann angebahnten Kontakt zum Westpommerschen Kinder­wunsch­zentrum für die Infer­ti­li­täts­be­handlung im polnischen Szczecin (Stettin) wieder auf. Das Institut erklärte sich bereit, die von der Klägerin stammenden kryokon­ser­vierten Eizellen der Klägerin zu implantieren.

Klinik verweigert die Herausgabe der Eizellen

Die Klägerin verlangte von der Klinik die Herausgabe der Eizellen zum Zwecke der Fortsetzung der Behandlung in Polen, was die Klinik jedoch ablehnte.

Künstliche Befruchtung der Eizellen nach Tod des Mannes wäre strafbar

Anders als das Landgericht hat das Oberlan­des­gericht nicht festgestellt, dass sich die Klinik und die für sie Handelnden strafbar machen, wenn sie die Eizellen an die Klägerin herausgeben. Denn strafbar ist es, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich zu befruchten.

Eizellen wurden noch zu Lebzeiten des Ehemannes mit dessen Samen imprägniert

Das Gericht ist der erstin­sta­nz­lichen Begründung, insbesondere zur Frage der Befruchtung zwar teilweise gefolgt. Er leitet aber aus der Systematik und der Entste­hungs­ge­schichte des Embry­o­nen­schutz­ge­setzes ab, dass nur die Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tode strafbar ist. Im zu entscheidenden Fall ist der Samen aber schon vor dem Tode des Ehemannes der Klägerin verwendet worden. Denn die Eizellen der Klägerin sind noch zu Lebzeiten ihres Ehemannes mit dessen Samen imprägniert worden. Da der Samen dadurch bereits verwendet und untrennbar von der Eizelle eingeschlossen worden ist, kann nicht mehr von der Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tode gesprochen werden, wenn nunmehr die konservierten und imprägnierten Eizellen der Klägerin aufgetaut und der Befruch­tungs­vorgang fortgesetzt wird.

Keine strafbare Handlung

Da die Beklagte die Herausgabe der Eizellen lediglich mit dem Argument verweigert hatte, sie würde sich strafbar machen, war dem Heraus­ga­be­antrag der Klägerin stattzugeben.

Quelle: ra-online, OLG Rostock

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