18.10.2024
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil26.01.2015

Fünf Schlaganfälle wegen falscher Behandlung - Reiki-Meister muss ehemaligem Patienten Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlenChiropraktische Tätigkeit ohne erforderliche Genehmigung ausgeübt

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg hat einen Reiki-Meister, der ohne eine Genehmigung als Heilpraktiker einen Patienten mit chiro­prak­tischen Eingriffen behandelt und dadurch insgesamt fünf Schlaganfälle auslöst hat, zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von über 20.000 Euro verurteilt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls litt im Mai 2008 unter anderem an einem Kribbeln in der rechten Körperhälfte und unter Kopfschmerzen. Er suchte mit diesen Symptomen zunächst ein Krankenhaus auf und wurde von dort an einen Neurologen verwiesen. Als danach noch starke Rückenschmerzen hinzutraten, ging er zum beklagten Reiki-Meister, der auch als Chiropraktiker tätig war.

Reiki-Meister löst durch seine Behandlung fünf Schlaganfälle bei seinem Patienten aus

Das Landgericht stellte nach Durchführung einer Beweisaufnahme fest, dass der Beklagte bei der Behandlung den Kopf des Klägers ruckartig einmal nach links und einmal nach rechts bewegte und dabei insgesamt fünf Schlaganfälle seines Patienten ausgelöste. Dieser musste lange stationär behandelt werden, war für vier Jahre arbeitsunfähig erkrankt und wird dauerhaft unter den Folgen der Schlaganfälle leiden. Heute liegt ein Grad der Behinderung von 50 % vor.

Infarkte durch das Einrenken ausgelöst

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg zeigte sich vom eingeholten Sachver­stän­di­gen­gut­achten überzeugt. Dieser hatte festgestellt, dass die Infarkte durch das Einrenken ausgelöst worden waren. Bei dem Manöver seien kleine Blutgerinnsel, sogenannte Thromben gelöst worden, die die Blutgefäße im Gehirn verstopften und so zu einer Sauer­stof­fun­ter­ver­sorgung führten.

Reiki-Meister ist zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet

Der Beklagte müsse seinem ehemaligen Patienten Schadensersatz und Schmerzensgeld zahlen, weil er eine Tätigkeit als Heilpraktiker ausgeübt habe, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Genehmigung zu sein, stellen die Richter fest. Eine chiropraktische Tätigkeit falle unter den Anwen­dungs­bereich des Heilprak­ti­ker­ge­setzes. Auch wenn die Tätigkeit nur nebenbei ausgeübt werde, müsse dafür eine Genehmigung nach diesem Gesetz eingeholt werden. Zweck des Erlaub­nis­vor­behalts sei unter anderem, ein Minimum an Fachkunde sicherzustellen, um die Patienten davor zu schützen, dass der Heilende sie, z.B. weil er die Bedeutung seines Handelns verkennt, schädigt. Gerade diese Gefahr, vor der das Heilprak­ti­ker­gesetz schützen soll, hatte sich aus Sicht des Gerichts hier verwirklicht.

Verurteilung zur Zahlung eines Schmer­zens­geldes durch Rücknahme der Berufung akzeptiert

Nach dem Hinweis des Oberlan­des­ge­richts nahm der Reiki-Meister seine Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Oldenburg zurück und akzeptierte dadurch die Verurteilung zur Zahlung eines Schmer­zens­geldes in Höhe von 20.000 Euro und weiterer 3.600 Euro als Schadensersatz. Darüber hinaus ist er verpflichtet, auch künftig eintretende Schäden dem Kläger zu ersetzen.

Auszug aus der Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilprak­ti­ker­gesetz vom 1.3.2007 des nds. Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie zum Prüfungsinhalt im Geneh­mi­gungs­ver­fahren:

Erläuterungen
4.2 Die Überprüfung dient der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung. Dabei ist festzustellen, ob der Stand der Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellerin oder des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass eine heilkundliche Tätigkeit durch sie oder ihn zu Schäden an der menschlichen Gesundheit führen könnte. Insoweit sind neben der Kenntnis der einschlägigen gesund­heits­recht­lichen Vorschriften auch solche fachlichen Grund­la­gen­kenntnisse der Medizin zu überprüfen, ohne deren Beherrschung, heilkundliche Tätigkeit mit Gefahren für die menschliche Gesundheit verbunden sein können. Auf Grund der Überprüfung muss insbesondere festgestellt werden können, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller die Grenzen ihrer oder seiner Fähigkeiten und der Behand­lungs­kom­pe­tenzen der Heilpraktikerin oder des Heilpraktikers klar erkennt, sich der Gefahr bei einer Überschreitung dieser Grenzen bewusst und bereit ist, ihr oder sein Handeln entsprechend einzurichten.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg/ra-online

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