15.11.2024
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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil21.04.1999

Nachbar­schaftsstreit: Selten auftretende Störungen durch Kaminrauch müssen hingenommen werdenSachver­stän­di­gen­gut­achten lässt keine Rückschlüsse auf besondere Beläs­ti­gungs­häu­figkeit zu

Wenn der Rauch eines Kamins oder eines Kaminofens einen Nachbarn nur wenige Stunden im Jahr ernsthaft stören kann, muss er diese Geruchs­be­läs­tigung hinnehmen. Er hat dann auch keinen Anspruch darauf, dass die Zeiten der Ofenbenutzung geregelt werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Oldenburg.

In einem - mit Einfa­mi­li­en­häusern bebauten - Wohngebiet in Rastede haben zahlreiche Häuser Kamine oder Kaminöfen. Im zugrunde liegenden Streitfall fühlte sich ein Nachbar eines Hauses mit einem Kaminofen durch den Rauch gestört und klagte vor dem Landgericht Oldenburg. Er behauptete, bei Nord- bis Südostwinden und bei Windstille treibe der Rauch auf sein Haus zu, so dass er seine Fenster ständig geschlossen halten müsse. Auch seine Terrasse könne er dann nicht benutzen. Er beantragte, dem Kamineigentümer zu verurteilen, den Betrieb zu unterlassen, es sei denn, dass eine stabile Wetterlage und westliche und südliche Winde mit Windstärke 2 vorlägen, dann aber nicht öfter als in den Monaten Mai bis Oktober fünfmal pro Monat und in den übrigen Monaten fünfzehnmal. Bei Änderung der Wetterlage müsse der Kamineigentümer "die Beheizung der Ofenanlage" einstellen.

Landgericht weist Klage nach eingeholtem Sachver­stän­di­gen­gut­achten ab

Das Landgericht Oldenburg, das ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten über die auf dem Grundstück des Klägers auftretenden Beein­träch­ti­gungen eingeholt hatte, wies die Klage ab.

Vom Kamin ausgehenden Belästigungen sind nur unwesentlich

Der sich gestört fühlende Nachbar ging in die Berufung zum Oberlan­des­gericht Oldenburg. Das wies die Berufung zurück. In den Gründen ist ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Unterlassung des Betriebs des Kaminofens habe, weil die von diesem ausgehenden Belästigungen nur unwesentlich seien. Für die Frage, welche Beein­träch­ti­gungen wesentlich und welche unwesentlich seien, komme es auf die Frage an, ob ein vernünftiger Durch­schnitts­mensch an der Stelle des Klägers sich unzumutbar gestört fühlen würde. Dies sei in vergleichbaren Siedlungen nicht der Fall, wenn der Kamin ordnungsgemäß betrieben und die Rauch­be­läs­tigung zudem außergewöhnlich selten auftrete.

Nennenswerte Geruchs­be­läs­tigung kann im Durchschnitt nur über wenige Stunden während des Jahres eintreten

Nach dem Sachver­stän­di­gen­gut­achten stand fest, dass eine Geruchs­be­läs­tigung des Klägers nur in 2,9 % aller Windsituationen im Jahr eintritt. In den Gründen heißt es dann weiter: Dies bedeutet zudem - wie das Landgericht bereits zu Recht festgestellt hat - nicht, dass der Kläger auf seinem Grundstück in 2,9 % der Zeit des Jahres tatsächlich belästigt wird. Die tatsächliche Beläs­ti­gungs­häu­figkeit liegt vielmehr weit niedriger. Zu bedenken ist insoweit insbesondere, dass der Beklagte seine Holzfeu­e­rungs­anlage nicht ständig, sondern nur in der so genannten kalten Jahreszeit und auch dann nur gelegentlich betreibt. Zudem nutzt selbst­ver­ständlich der Kläger seine Terrasse ebenso wenig ganzjährig und hält auch nicht ständig das ganze Jahr über "rund um die Uhr" die Fenster seines Hauses geöffnet. Eine nennenswerte Geruchs­be­läs­tigung des Klägers kann mithin - wenn überhaupt - im Durchschnitt nur über wenige Stunden während des Jahres eintreten.

Beläs­ti­gungs­häu­figkeit nicht als besonders schwer einstufbar

Die allenfalls äußerst selten in Betracht kommenden Belästigungen des Klägers rechtfertigen es auch nicht, dem Beklagten zu untersagen, während der vom Sachver­ständigen ermittelten belas­tungs­kri­tischen Windsituationen seinen Kaminofen zu betreiben. Vorliegend ist die Beläs­ti­gungs­häu­figkeit nicht als besonders schwer einzustufen. Ein verständiger Durch­schnitts­mensch in der konkreten, dargelegten Bebau­ungs­si­tuation würde sie deshalb auch nicht als wesentliche Beein­träch­tigung seines Eigentums empfinden.

Erläuterungen
Das Urteil ist aus dem Jahr 1999 und erscheint im Rahmen der Reihe "Gut zu wissen".

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Oldenburg

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