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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil28.01.2002
Keine Schadensersatzpflicht – Grundstückseigentümer darf einen auf der Grundstücksgrenze befindlichen Baum fällenGrenzbaum hätte auf Verlangen des Nachbarn ohnehin beseitigt werden müssen
Ein Grundstückseigentümer kann einen auf der Grenze befindlichen Baum, der sich also mit Teilen des Stammes auf seinem Grundstück befindet, absägen, ohne dem Nachbarn dafür Schadensersatz zu schulden. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall herrschte Streit zwischen zwei Grundstücksnachbarn im Landkreis Leer wegen einer aus vier Stämmen bestehenden mehr als 10 Meter hohen Esche, die sich unmittelbar im Grenzbereich zweier Grundstücke befand. Im Januar 2000 schritt der Nachbar zur Tat, demontierte vorübergehend den Gartenzaun seiner Nachbarin und sägte die Esche ab. Die Nachbarin verklagte ihn vor dem Landgericht Aurich auf Schadensersatz wegen Verletzung ihres Eigentums an der Esche und bekam Recht; der Beklagte wurde zur Zahlung von 14.369,- DM verurteilt.
Sachverständiger bestätigt Ursprung des Baumstamms auf Grundstück des Beklagten
Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung zum Oberlandesgericht Oldenburg ein; er machte geltend, die Esche habe mit ihrem Stamm teilweise auf seinem Grund und Boden gestanden; die Nachbarin habe ihren Gartenzaun auf seinem Grund errichtet. Das Oberlandesgericht hörte zu der Frage des Grenzverlaufs einen Sachverständigen, der die Angaben des Beklagten bestätigte, wonach Baumstamm und Gartenzaun in Teilen auf dem Grund des Beklagten standen.
Bei Grenzbaum kann jeder Nachbar von dem anderen jederzeit die Beseitigung des Baumes verlangen
Daraufhin gab das Oberlandesgericht der Berufung des Beklagten statt und wies die Klage in beantragtem Umfang ab; es habe sich nämlich nach den Feststellungen des Sachverständigen damit um einen so genannten Grenzbaum gehandelt, für den gemäß § 923 des Bürgerlichen Gesetzbuches besondere Regeln gelten: Unter anderem kann jeder Nachbar von dem anderen jederzeit die Beseitigung des Grenzbaumes verlangen; deshalb stelle es zwar eine Verletzung des Miteigentums seiner Nachbarin dar, dass der Beklagte den Baum eigenmächtig abgesägt hatte; aber der Klägerin sei daraus kein einklagbarer Schaden enstanden, weil sie den Grenzbaum auf das Verlangen ihres Nachbarn hin ohnehin selbst hätte beseitigen müssen.
Erläuterungen
Das Urteil ist aus dem Jahr 2002 und erscheint im Rahmen der Reihe "Gut zu wissen".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.06.2010
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Oldenburg
der Leitsatz
§ 923 BGB [Grenzbaum]
(1) Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Teilen.
(2) Jeder Nachbar kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Teilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten alleine zu tragen, wenn der andere auf sein Recht am Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das Alleineigentum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.
(3) Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.
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