24.11.2024
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Dokument-Nr. 21165

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Beschluss11.06.2015Oberlandesgericht Nürnberg9 UF 1549/14 (Beschluss v. 27.05.2015) und 9 UF 1430/14
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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss11.06.2015

Glaubens­gemeinschaft "Zwölf Stämme": Entzug der elterlichen Sorge wegen körperlicher Züchtigung der Kinder mit der Rute rechtmäßigKörperliche Bestrafungen in der Erziehung unzulässig

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat Beschwerden von Eltern, denen Teilbereiche des elterlichen Sorgerechts wegen ihrer Mitgliedschaft in der Glaubens­gemeinschaft "Zwölf Stämme" entzogen worden war, zurück gewiesen. Das Gericht verwies in seiner Entscheidung darauf, dass körperliche Züchtigungen der Art, wie sie von Mitgliedern der "Zwölf Stämme" praktiziert werden, das Kindeswohl gefährden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte das Amtsgericht Ansbach im Oktober 2014 mehreren Eltern, die der Glaubens­ge­mein­schaft "Zwölf Stämme" angehören, Teilbereiche der elterlichen Sorge, insbesondere das Aufent­halts­be­stim­mungsrecht, entzogen.

OLG geht von körperlicher Züchtigung der Kinder durch deren Eltern aus

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat diese Entscheidungen hinsichtlich zweier Elternpaare nunmehr im Ergebnis bestätigt. Für das Gericht stand fest, dass die betroffenen Eltern aufgrund ihrer religiösen Überzeugung ihre Kinder auch in Zukunft körperlich züchtigen würden, weil die Züchtigung mit der Rute nach den Vorstellungen der Glaubens­ge­mein­schaft, die die betroffenen Eltern teilen, unabdingbar zur Kindererziehung gehört.

BGB sichert Kindern Recht auf uneingeschränkt gewaltfreie Erziehung

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vom 2. November 2000 bestehe gemäß § 1631 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Recht eines jeden Kindes auf eine uneingeschränkt gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen seien damit in der Erziehung unzulässig.

Körperliche Züchtigungen gefährdet Kindeswohl

Körperliche Züchtigungen der Art, wie sie von Mitgliedern der "Zwölf Stämme" praktiziert werden, gefährden nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts das Kindeswohl. Die Gefährdung des Kindeswohls liege bereits darin, dass die Kinder einer solchen Behandlung künftig wiederkehrend ausgesetzt sind, ständig mit der Verabreichung von Schlägen rechnen und daher in Angst davor leben müssen; ferner darin, dass sie beim Einsatz der Rute körperliche Schmerzen erdulden müssen und die daraus resultierende Demütigung als psychischen Schmerz erfahren. Auf den Eintritt länger andauernder physischer Verletzungen oder das Ausmaß psychischer Spätfolgen komme es daher nicht entscheidend an.

Schutz der Kinder kann nicht durch mildere Maßnahme als Trennung von den Eltern erreicht werden

Zwar stelle eine Trennung der Eltern von ihren leiblichen Kindern den stärksten vorstellbaren staatlichen Eingriff in das Elternrecht dar. Der Schutz der Kinder sei in den konkreten Fällen aber durch mildere Maßnahme als die Trennung der Kinder von ihren Eltern nicht zu erreichen.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online

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