21.11.2024
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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil04.05.1995

Grobe Fahrlässigkeit wegen Übersehens eines Stop-SchildesKasko­ver­si­cherung muss nicht zahlen

Ein Autofahrer, der ein durch ein Vorwarnzeichen angekündigtes Stop-Schild übersieht und ungebremst in eine vorfahrt­be­rechtigte Straße hineinfährt, kann sich nicht auf ein bloßes Augen­blicks­versagen berufen. Sein leichtsinniges Verkehrs­ver­halten ist vielmehr unentschuldbar und grob fahrlässig. Das entschied der Versi­che­rungssenat des Oberlan­des­ge­richts Nürnberg.

Die Einstufung als "grob fahrlässig" hat weitreichende Folgen: Für den Unfallschaden, den sein PKW beim Zusammenstoß mit einem vorfahrt-berechtigten Fahrzeug erlitt, bekommt der unvorsichtige Autofahrer von seiner Kasko­ver­si­cherung keinen Pfennig Ersatz. Der Versi­che­rungssenat des OLG Nürnberg wies seine Klage in zweiter und letzter Instanz als unbegründet ab. Auch der Versuch, sich statt dessen an der Haftpflicht­ver­si­cherung des Unfallgegners schadlos zu halten, verspricht wenig Erfolg. Wegen seines hohen Eigen­ver­schuldens hätte der Vorfahrt­ver­letzer bei einer Klage schlechte Karten. Im Ergebnis wird sich der unterlegene Kläger also wohl damit abfinden müssen, auf seinem Schaden in Höhe von 26.000 DM sitzen zu bleiben.

Wie schwer wiegt das Übersehen eines Stopschilds?

Der Kläger hatte seine Hoffnung darauf gesetzt, daß die Richter das Übersehen des Stop-Schildes nicht mit der Mißachtung einer Rotlicht-Ampel gleichstellen würden. Als "Rotlicht-Sünder", soviel war klar, hätte er sich von vornherein kaum Erfolgschancen ausrechnen können. Rotlicht-Verstöße werden nämlich von den Gerichten in aller Regel als "grob fahrlässig" bewertet. Ein solches Fehlverhalten führt nach den einschlägigen Bestimmungen zum Verlust des Kasko­ver­si­che­rungs­schutzes am eigenen Fahrzeug.

Zur Enttäuschung des Klägers vertrat jedoch das in erster Instanz zuständige Landgericht den Standpunkt, der eine Verstoß gegen das Haltegebot wiege so schwer wie der andere; die Verletzung verkehrs­recht­licher Sorgfalts­pflichten sei in beiden Fällen durchaus vergleichbar. Dieser Argumentation widersprach der Kläger. Man könne doch ein Stop-Schild nicht mit einer roten Ampel gleichstellen, meinte er. Das unbeleuchtete Haltezeichen sei viel leichter zu übersehen als eine Licht­zei­che­n­anlage.

Das OLG Nürnberg ließ offen, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu Rotlicht-Verstößen auch auf die Mißachtung eines Stop-Schildes übertragbar seien. Denn selbst wenn man diese Parallele nicht ziehe, könne man dem Kläger den Vorwurf eines groben Fehlverhaltens nicht ersparen. Sein Verkehrsverstoß wiege besonders schwer, sowohl objektiv als auch subjektiv. Objektiv deswegen, weil der Kläger trotz Haltezeichens in eine Vorfahrtstraße eingefahren sei, obwohl sich dort ein vorfahrt­be­rech­tigtes Fahrzeug näherte. Subjektiv deswegen, weil sein Fehlverhalten unter den gegebenen Umständen leichtsinnig und unentschuldbar gewesen sei. Der Vorfahrt­ver­letzer habe nicht nur das Stop-Schild mißachtet, sondern auch das 100 m davor aufgestellte Vorwarn-Schild. Abgesehen davon hätte er den von rechts kommenden PKW schon von weitem an seinem Lichtschein erkennen können.

Da der Kläger den Unfall grob fahrlässig verschuldet hatte, braucht seine Kasko­ver­si­cherung für den Schaden an seinem eigenen Fahrzeug nicht aufzukommen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Nürnberg

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