15.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 2638

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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil23.06.2006

Energie­ver­sorger unterliegt mit Klage - Gaslie­fe­rungs­vertrag verstößt gegen Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungenKeine weitere Bindung an Energie­lie­fe­ranten

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat eine Klage der Firma N-Ergie AG gegen die Erdgas Dinkelsbühl GmbH abgewiesen, mit der der Nürnberger Energie­ver­sorger die gerichtliche Feststellung erwirken wollte, dass ein im Jahr 1996 geschlossener Gaslie­fe­rungs­vertrag uneingeschränkt oder doch zumindest über den 30. September 2005 hinaus wirksam ist. Dieser Vertrag sah eine Verpflichtung der Erdgas Dinkelsbühl GmbH vor, ihren jeweiligen Gasbedarf bis zu einer bestimmten Höchstmenge bei der N-Ergie AG zu decken und sollte bis zum 30.09.2008 laufen. Die Erdgas Dinkelsbühl GmbH hatte im Sommer 2005 erklärt, nach dem 30.09.2005 kein Gas mehr von N-Ergie zu beziehen und sich einem anderen Anbieter zugewandt.

Das Landgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, dass der umstrittene Gaslie­fe­rungs­vertrag aus dem Jahr 1996 nicht uneingeschränkt wirksam sei und jedenfalls nicht über den 30.09.2005 hinaus fortbestanden habe. Aus der Sicht des Gerichtes verstößt der Vertrag gegen das Gesetz gegen Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungen ( GWB ), das seit dem 01.07.2005 auch auf Gaslie­fungs­verträge anzuwenden sei. Eine bis dahin geltende Ausnah­me­re­gelung für den Bereich der Elektrizitäts- und Gasversorgung sei im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes weggefallen. Vorher zulässige gegen das GWB verstoßende Vereinbarungen seien deshalb seither verboten.

Der Gaslie­fe­rungs­vertrag zwischen der N-Ergie AG und der Erdgas Dinkelsbühl GmbH habe eine unzulässige Wettbe­wer­bs­be­schränkung enthalten, weil die Erdgas Dinkelsbühl GmbH praktisch verpflichtet gewesen sei, ihren gesamten Gasbedarf bei der N-Ergie zu decken. Zwar sei die Energie Dinkelsbühl GmbH lediglich verpflichtet gewesen, das für ihr Versor­gungs­gebiet benötigte Gas nur bis zu bestimmten Höchstmengen bei der N-Ergie AG zu beziehen, doch hätten diese Höchstmengen praktisch dem gesamten Gasbedarf der Erdgas Dinkelsbühl GmbH entsprochen. Zudem sei ihr verboten gewesen, für ihr Versor­gungs­gebiet ohne die Zustimmung der N-Ergie AG Gas selbst zu erzeugen oder von anderer Seite zu beziehen. Der Wettbewerb bei dem Bezug von Gas sei damit für das Versor­gungs­gebiet der Erdgas Dinkelsbühl GmbH für die gesamte Vertrags­laufzeit von zwölfeinhalb Jahren ausgeschlossen gewesen.

Die hierdurch ausgelöste Wettbe­wer­bs­be­schränkung sei trotz des relativ kleinen Anteils der Parteien am deutschen Gasmarkt auch spürbar. Ein anerken­nens­wertes Interesse, das die vereinbarten Wettbe­wer­bs­be­schrän­kungen rechtfertigen könne, besteht nach Auffassung der Kammer nicht. Der Aspekt der Versor­gungs­si­cherheit gebiete es nicht, die durch die Vereinbarungen in dem Gaslie­fe­rungs­vertrag geschaffene Monopolstruktur über eine so lange Laufzeit aufrecht­zu­er­halten. Die hohen Investitionen für das Leitungsnetz könnten im Falle eines funkti­o­nie­renden Durch­lei­tungs­wett­bewerbs auch durch die Erhebung marktgerechter Durch­lei­tungs­entgelte amortisiert werden.

Schließlich sei es auch nicht möglich, den Vertrag durch eine gerichtliche Anpassung der vereinbarten Bedingungen vor der Unwirksamkeit zu bewahren. Eine solche Maßnahme komme überhaupt nur im Bereich der vereinbarten Laufzeit in betracht. Dabei sei eine Verkürzung auf allenfalls fünf Jahre gerechnet ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Energie­wirt­schafts­ge­setzes am 29.04.1998 denkbar. Der Vertrag wäre aber auch dann am 30.09.2005 längst beendet gewesen.

Erläuterungen
siehe auch

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 20. Juni 2006, AZ VI-2 Kart 1/06 (V) E.ON Ruhrgas muss wettbe­wer­bs­widrige Lieferverträge beenden

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Nürnberg vom 26.06.2006

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