23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 25180

Drucken
Urteil30.09.2015Oberlandesgericht Naumburg12 U 58/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2016, 349Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 349
  • NZV 2016, 318Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2016, Seite: 318
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil02.04.2015, 4 O 880/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Naumburg Urteil30.09.2015

Auffahrunfall aufgrund riskanten Überholmanövers begründet Mitverschulden trotz zu geringem Sicher­heits­abstand des AuffahrendenUm Hälfte verringerter Sicher­heits­abstand trotz Sicht­be­hin­derung kann Mitverschulden von 40 % begründen

Kommt es aufgrund eines riskanten Überholmanövers zu einem Auffahrunfall, muss sich der Auffahrende ein Mitverschulden anlasten lassen, wenn er einen zu geringen Sicher­heits­abstand eingehalten hat. Dieses Mitverschulden kann 40 % betragen, wenn der Sicher­heits­abstand um die Hälfte verkürzt war und die Sicht auf das vorausgehende Verkehrs­ge­schehen durch einen Lkw mit Anhänger behindert war. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Sachsen-Anhalt hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2009 kam es auf einer Bundesstraße aufgrund eines riskanten Überholmanövers einer Pkw-Fahrerin zu einem Auffahrunfall. Die Pkw-Fahrerin versuchte ein vor ihr fahrendes Silofahrzeug zu überholen. Jedoch kam ihr ein Lkw mit Anhänger entgegen, so dass sie den Überholvorgang abbrechen musste. Der Lkw-Fahrer musste zur Vermeidung einer Kollision mit dem Pkw eine Vollbremsung einleiten. Ein hinter dem Lkw fahrender Motorradfahrer versuchte noch rechtzeitig ebenfalls zu bremsen, schaffte dies aber wegen eines zu geringen Sicher­heits­ab­stands nicht und fuhr daher auf den Anhänger auf. Aufgrund der erlittenen Verletzungen klagte der Motorradfahrer gegen die Pkw-Fahrerin unter anderem auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Landgericht gab Schmer­zens­geldklage unter Berück­sich­tigung eines Mitverschuldens des Motorradfahrers statt

Das Landgericht Dessau-Roßlau gab der Schmer­zens­geldklage unter Berück­sich­tigung eines Mitverschuldens von 2/3 zu Lasten des Motorradfahrers statt. Denn dieser habe einen zu geringen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Lkw eingehalten und somit den Unfall im erheblichen Maße verschuldet. Gegen diese Entscheidung legte der Motorradfahrer Berufung ein.

Oberlan­des­gericht reduziert Mitverschulden an Auffahrunfall auf 40 %

Das Oberlan­des­gericht Sachsen-Anhalt entschied zu Gunsten des Motorradfahrers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Zwar habe der Motorradfahrer einen erheblichen Verkehrsverstoß begangen, da er den gemäß § 4 Abs. 1 StVO erforderlichen Sicher­heits­abstand zu dem vor ihm fahrenden Lkw nicht eingehalten habe. Jedoch falle dieser Verstoß deutlich weniger in Gewicht als der Verkehrsverstoß der Pkw-Fahrerin. Sie habe durch ihr riskantes Fahrmanöver den Auffahrunfall überhaupt ausgelöst. Sie habe § 5 Abs. 2 StVO nicht beachtet, wonach ein Überholen nur zulässig ist, wenn während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Angesichts dessen, dass der Sicher­heits­abstand um die Hälfte verkürzt war und die Sicht auf das vorausgehende Verkehrs­ge­schehen durch den Lkw mit Anhänger behindert war, sei ein Mitverschulden des Motorradfahrers von 40 % gegeben.

Schmerzensgeld von 25.000 EUR

Unter Berück­sich­tigung der Mitverschuldens und der erlittenen Verletzungen erachtete das Oberlan­des­gericht ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR für angemessen. Der Motorradfahrer erlitt einen Unter­schen­kel­meh­re­ta­genbruch links, einen Schie­n­bein­kopf­trüm­merbruch links, einen Polbruch der linken Kniescheibe, ein Kompart­ment­syndrom des linken Unterschenkels, einen Stauchungsbruch des 12. Brust­wir­bel­körpers und eine Schädel-Hirn-Verletzung mit geringgradiger Hirnblutung. Zudem befand sich der Motorradfahrer 21 Tage in stationärer Behandlung und leidet nunmehr unter einen Dauerschaden in Form von bleibenden Funkti­o­ns­be­ein­träch­ti­gungen im Bereich des linken Unterschenkels und Kniegelenks. Dadurch ist ein Erwer­bs­min­derung von 30 % eingetreten. Ferner wird eine Gelenk­flä­che­n­ersatz bzw. eine Kniege­lenk­prothese notwendig sein.

Quelle: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil25180

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI