18.10.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 7064

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Urteil23.10.2008Oberlandesgericht München29 U 5696/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR-RR 2009, 85Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2009, Seite: 85
  • MMR 2009, 118Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2009, Seite: 118
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Vorinstanz:
  • Landgericht München I, Urteil14.11.2007, 21 O 6742/07
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht München Urteil23.10.2008

Hyper­links­etzung zu einer Internetseite, auf der Software zur Umgehung des Kopierschutzes angeboten wird, ist rechtswidrigStreit um Verlinkung auf heise.de

Wenn einem IT-Nachrich­ten­dienst (hier: heise.de) untersagt wird zu einem Artikel einen Hyperlink auf eine Inter­ne­t­auftritt zu setzen, von welchem die Gefahr gewerbsmäßiger Verletzungen urheber­recht­licher Schutzrechte in erheblichem Umfang ausgeht, liegt hierin kein Eingriff in die Medienfreiheit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Nachrich­ten­dienst bei der Linksetzung die Rechts­wid­rigkeit des Inter­ne­t­auf­tritts kannte.

Im zugrunde liegenden Fall veröffentlichte der Nachrich­ten­dienst heise-online am 19. Januar 2005 eine Meldung über die Applikation AnyDVD vom Software­her­steller Slysoft. Heise.de bot in seinem Artikel einen Link zu AnyDVD an. Dies ist eine Software, die es ermöglichte, den Kopierschutz von CDs und DVDs zu umgehen.

Musikindustrie fordert Heise zur Unterlassung auf

Mehrere Unternehmen der Musikindustrie forderten Heise auf, die Berich­t­er­stattung und die Verlinkung zu unterlassen. Die Heise Zeitschriften Verlag GmbH & Co. KG, die heise.de herausgibt, berief sich auf die Pressefreiheit und verweigerte jede Änderung des Artikels.

Landgericht München I untersagt heise.de die Verlinkung

Das Landgericht München I verurteilte Heise im November 2007 zur Entfernung des Links (Urteil vom 14.11.2007 - 21 O 6742/07). Die Richter meinten, dass Heise nach den Grundsätzen der Störerhaftung verpflichtet sei, Hyperlinks, die auf Internetseiten von Anbietern für Software zur Umgehung von Kopierschutz verweisen, zu unterlassen, da in dem Hyperlink kausal und objektiv zurechenbar eine Unterstützung des Verstoßes gegen § 95 a Abs. 3 Nr. 1 UrhG durch Werbung für die Umgehungs­software zu sehen sei.

Heise legt Berufung ein

Heise legte gegen das Urteil des Landgerichts München I Berufung beim Oberlan­des­gericht München ein.

OLG München bestätigt Urteil des Landgerichts - Eingriff in Pressefreiheit gerechtfertigt

Das OLG München wies die Berufung zurück. Die Richter meinten, dass der Eingriff in die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), der darin lag, dass dem Heise-Verlag die Setzung des Hyperlinks verboten wurde, durch § 95 a Abs. 3 UrhG und die Grundsätze der Teilneh­mer­haftung gerechtfertigt sei.

Von dem Inter­ne­t­auftritt sei die Gefahr gewerbsmäßiger Verletzungen urheber­recht­licher Schutzrechte ausgegangen. Heise sei bei der Linksetzung die Rechts­wid­rigkeit des Inter­ne­t­auf­tritts bekannt gewesen.

Quelle: ra-online (pt)

der Leitsatz

1. Die Beschränkung der Zulässigkeit digitaler Privatkopien durch das Verbot der Umgehung wirksamer technischer Schutzmaßnahmen (vgl. § 95 a UrhG) stellt keine Verletzung des Eigen­tums­grund­rechts des Besitzers einer Kopiervorlage dar, sondern lediglich eine wirksame Inhalts- und Schran­ken­be­stimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Den Verbrauchern ist aus der Befugnis zur Privatkopie, die 1965 aus der Not der geistigen Eigentümer geboren wurde, kein Recht erwachsen, das sich heute gegen das seinerseits durch Art. 14 GG geschützte geistige Eigentum ins Feld führen ließe.

2. Aus der bloßen Existenz von Umgehungs­maß­nahmen kann nicht auf die Unwirksamkeit der betroffenen technischen Schutzmaßnahmen i. S. d. § 95 a UrhG geschlossen werden. Für die Frage der Wirksamkeit solcher Schutzmaßnahmen ist vielmehr darauf abzustellen, ob der durch­schnittliche Benutzer durch die Maßnahmen von Urheber­rechts­ver­let­zungen abgehalten werden kann.

3. Der Eingriff in die Medienfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), der darin liegt, dass einem IT-Nachrich­ten­dienst die Setzung eines Hyperlinks verboten wird, kann durch § 95 a Abs. 3 UrhG und die Grundsätze der Teilneh­mer­haftung gerechtfertigt sein, wenn von dem Inter­ne­t­auftritt, auf den verlinkt wird, die Gefahr gewerbsmäßiger Verletzungen urheber­recht­licher Schutzrechte in erheblichem Umfang ausgeht und dem Nachrich­ten­dienst die Rechts­wid­rigkeit dieses Inter­ne­t­auf­tritts bei der Linksetzung bekannt war.

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