24.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 27872

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Beschluss13.08.2018Oberlandesgericht München11 W 821/18
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BauR 2019, 863Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (BauR), Jahrgang: 2019, Seite: 863
  • NJW-Spezial 2018, 588Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 588
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Vorinstanz:
  • Landgericht Landshut, Beschluss08.11.2017, 51 O 2988/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht München Beschluss13.08.2018

Er­stattungs­fähig­keit von Kosten eines Privat­gut­achtens bei fehlender Sachkunde der ParteiFertig­haus­hersteller kann trotz jahrelanger Tätigkeit Sachkunde fehlen

Die Kosten der Einholung eines Privat­gut­achtens während eines Rechtsstreits kann nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattet werden, wenn der Partei die nötige Sachkunde fehlt, um ihren Anspruch schlüssig begründen, sich gegen Ansprüche sachgerecht verteidigen oder gegen ein gerichtlich eingeholtes und für sie ungünstiges Sach­verständigen­gutachten Stellung nehmen zu können. Auch einem Fertig­haus­hersteller kann trotz jahrelanger Tätigkeit die nötige Sachkunde fehlen. Dies hat das Oberlan­des­gericht München entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es vor dem Landgericht Landshut im Jahr 2012 zu einem Schaden­s­er­satz­prozess nachdem sich an einem errichteten Fertighaus Mängel zeigten. Der Auftraggeber machte dafür die Herstellerfirma des Fertighauses verantwortlich. Da die geltend gemachten Mängel technische Fragen betrafen, wie zum Beispiel, ob die Bauweise in thermischer und schall­tech­nischer Hinsicht den zugrunde zulegenden Baunormen entspreche und Brand­schutz­vorgaben eingehalten worden seien, beauftragte der Kläger einen Privatgutachter. Nachdem auch das Gericht ein Sachverständigengutachten einholte, beauftragte die Beklagte ebenfalls einen Privatgutachter. Der Schaden­s­er­satz­prozess wurde schließlich durch einen Vergleich beendet. Die Kosten des Verfahrens sollten danach zu ¾ von der Beklagten und zu ¼ vom Kläger gezahlt werden. Entsprechend dieser Kosten­ver­teilung verlangte sowohl der Kläger als auch die Beklagte die Erstattung der Privat­gut­ach­ter­kosten.

Landgericht erstattete entsprechend Kosten­auf­teilung Privat­gut­ach­ter­kosten

Das Landgericht Landshut erstattete beiden Parteien entsprechend der Kosten­auf­teilung die Privat­gut­ach­ter­kosten. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Seiner Meinung nach seien der Beklagten die Kosten nicht zu erstatten, da sie über eigene Sachkunde verfügt habe.

Oberlan­des­gericht bejaht ebenfalls Erstat­tungs­fä­higkeit sämtlicher Privat­gut­ach­ter­kosten

Das Oberlan­des­gericht München bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die sofortige Beschwerde des Klägers zurück. Das Gericht führte grundsätzlich aus, dass die Kosten eines Privat­gut­achtens nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattet werden, wenn sie zur Rechts­ver­folgung notwendig waren. Dazu müsse sich das Gutachten zunächst auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Zudem müsse der Partei die nötige Sachkunde fehlen, um ihren Anspruch schlüssig begründen, sich gegen Ansprüche sachgerecht verteidigen oder gegen ein gerichtlich eingeholtes und für sie ungünstiges Sachver­stän­di­gen­gut­achten Stellung nehmen zu können. Die Voraussetzungen lagen hier für beide Parteien vor.

Fehlende Sachkunde trotz jahrelanger Tätigkeit als Fertig­haus­her­steller

Der Beklagten habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts trotz jahrelanger Tätigkeit als Fertig­haus­her­stellerin die nötige Sachkunde gefehlt. Denn der Prozess habe sehr fachspezifische Fragen betroffen. Es sei daher nicht davon auszugehen gewesen, dass die Beklagte über ausreichend Fachkenntnisse verfügt habe, um auf Augenhöhe gegen den gerichtlich bestellten und den vom Kläger beauftragten Sachver­ständigen zu argumentieren.

Keine pauschale Koste­n­er­stattung bei fehlender Sachkunde

Das Oberlan­des­gericht betonte aber, dass die Kosten eines Privat­gut­achtens bei fehlender Sachkunde nicht pauschal erstattet werden. Auch eine nicht fachkundige Partei sei in aller Regel nicht auf eine umfassende sachverständige Beratung während des gesamten Verfahrens angewiesen. Vielmehr seien die Kosten für jede Einzeltätigkeit gesondert zu prüfen.

Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)

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