Dokument-Nr. 27872
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- BauR 2019, 863Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (BauR), Jahrgang: 2019, Seite: 863
- NJW-Spezial 2018, 588Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 588
- Landgericht Landshut, Beschluss08.11.2017, 51 O 2988/12
Oberlandesgericht München Beschluss13.08.2018
Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Privatgutachtens bei fehlender Sachkunde der ParteiFertighaushersteller kann trotz jahrelanger Tätigkeit Sachkunde fehlen
Die Kosten der Einholung eines Privatgutachtens während eines Rechtsstreits kann nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattet werden, wenn der Partei die nötige Sachkunde fehlt, um ihren Anspruch schlüssig begründen, sich gegen Ansprüche sachgerecht verteidigen oder gegen ein gerichtlich eingeholtes und für sie ungünstiges Sachverständigengutachten Stellung nehmen zu können. Auch einem Fertighaushersteller kann trotz jahrelanger Tätigkeit die nötige Sachkunde fehlen. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall kam es vor dem Landgericht Landshut im Jahr 2012 zu einem Schadensersatzprozess nachdem sich an einem errichteten Fertighaus Mängel zeigten. Der Auftraggeber machte dafür die Herstellerfirma des Fertighauses verantwortlich. Da die geltend gemachten Mängel technische Fragen betrafen, wie zum Beispiel, ob die Bauweise in thermischer und schalltechnischer Hinsicht den zugrunde zulegenden Baunormen entspreche und Brandschutzvorgaben eingehalten worden seien, beauftragte der Kläger einen Privatgutachter. Nachdem auch das Gericht ein Sachverständigengutachten einholte, beauftragte die Beklagte ebenfalls einen Privatgutachter. Der Schadensersatzprozess wurde schließlich durch einen Vergleich beendet. Die Kosten des Verfahrens sollten danach zu ¾ von der Beklagten und zu ¼ vom Kläger gezahlt werden. Entsprechend dieser Kostenverteilung verlangte sowohl der Kläger als auch die Beklagte die Erstattung der Privatgutachterkosten.
Landgericht erstattete entsprechend Kostenaufteilung Privatgutachterkosten
Das Landgericht Landshut erstattete beiden Parteien entsprechend der Kostenaufteilung die Privatgutachterkosten. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Seiner Meinung nach seien der Beklagten die Kosten nicht zu erstatten, da sie über eigene Sachkunde verfügt habe.
Oberlandesgericht bejaht ebenfalls Erstattungsfähigkeit sämtlicher Privatgutachterkosten
Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die sofortige Beschwerde des Klägers zurück. Das Gericht führte grundsätzlich aus, dass die Kosten eines Privatgutachtens nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattet werden, wenn sie zur Rechtsverfolgung notwendig waren. Dazu müsse sich das Gutachten zunächst auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Zudem müsse der Partei die nötige Sachkunde fehlen, um ihren Anspruch schlüssig begründen, sich gegen Ansprüche sachgerecht verteidigen oder gegen ein gerichtlich eingeholtes und für sie ungünstiges Sachverständigengutachten Stellung nehmen zu können. Die Voraussetzungen lagen hier für beide Parteien vor.
Fehlende Sachkunde trotz jahrelanger Tätigkeit als Fertighaushersteller
Der Beklagten habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts trotz jahrelanger Tätigkeit als Fertighausherstellerin die nötige Sachkunde gefehlt. Denn der Prozess habe sehr fachspezifische Fragen betroffen. Es sei daher nicht davon auszugehen gewesen, dass die Beklagte über ausreichend Fachkenntnisse verfügt habe, um auf Augenhöhe gegen den gerichtlich bestellten und den vom Kläger beauftragten Sachverständigen zu argumentieren.
Keine pauschale Kostenerstattung bei fehlender Sachkunde
Das Oberlandesgericht betonte aber, dass die Kosten eines Privatgutachtens bei fehlender Sachkunde nicht pauschal erstattet werden. Auch eine nicht fachkundige Partei sei in aller Regel nicht auf eine umfassende sachverständige Beratung während des gesamten Verfahrens angewiesen. Vielmehr seien die Kosten für jede Einzeltätigkeit gesondert zu prüfen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.09.2019
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)
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