Dokument-Nr. 17223
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- r+s 2013, 568Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2013, Seite: 568
- Landgericht Landshut, Urteil17.12.2012, 23 O 2306/12
Oberlandesgericht München Urteil09.08.2013
Kein Anspruch auf Schadenersatz gegen Unfallverursacher wegen Beschädigung eines PKW aufgrund startenden RettungshubschraubersFehlender Zurechnungszusammenhang zwischen Unfall und Rettungshubschraubereinsatz
Wird ein Rettungshubschrauber zu einem Verkehrsunfall gerufen und wird während des Einsatzes ein Fahrzeug beschädigt, so haftet dafür nicht der Verursacher des Verkehrsunfalls. Insofern fehlt an dem Zurechnungszusammenhang zwischen Unfall und Einsatz des Rettungshubschraubers. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zu einem Verkehrsunfall auf einer Autobahn wurde ein Rettungshubscharuber gerufen. Während der Landung und des Starts des Hubschraubers wurde nicht die Gegenfahrbahn gesperrt. Als der Helikopter wieder startete überflog er den PKW einer Autofahrerin, die auf der Gegenfahrbahn die Autobahn befuhr, und beschädigte diesen durch aufgewirbelte Gegenstände. Die Autofahrerin klagte daraufhin gegen die Verursacher des Verkehrsunfalls auf Schadenersatz. Denn ihrer Meinung nach, seien sie für den Einsatz des Rettungshubschraubers und damit für den Schaden an ihrem PKW verantwortlich gewesen. Nachdem das Landgericht Landshut der Klage stattgab, musste sich das Oberlandesgericht München mit dem Fall beschäftigen.
Kein Anspruch auf Schadenersatz wegen fehlendem Zurechnungszusammenhang
Das Oberlandesgericht München verneinte einen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber den Unfallverursachern. Denn es habe kein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Verkehrsunfall und der Schädigung des auf der Gegenfahrbahn fahrenden Fahrzeugs der Klägerin durch den wegen des Unfalls herbeigerufenen Rettungshubschraubers bestanden.
Kein Zurechnungszusammenhang wegen Herausforderung zum Rettungseinsatz
Zwar sei es richtig, so das Oberlandesgericht weiter, dass derjenige, der durch ein vorwerfbares Tun einen anderen zu einem gefährdenden Verhalten herausfordert, diesem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein kann, der infolge des durch die Herausforderung gesteigerten Risikos entstanden ist. Dieser Gesichtspunkt sei in dem vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar gewesen. Dabei sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass in den bisher entschiedenen Fällen der beim Unfall Geschädigte durch den Nothelfer oder durch das Verhalten eines Dritten weiter geschädigt wurde oder der Nothelfer selbst zu Schaden kam. Hier jedoch habe ein berufsmäßiger Helfer einen Unbeteiligten geschädigt.
Vorliegen eines nur äußerlichen Zusammenhangs
Die Grenze der Zurechnung liege dort, so das Oberlandesgericht weiter, wo der Erstunfall nur noch der äußere Anlass für das weitere Geschehen ist und ein eigenständiges Verhalten eines Dritten zur Schaffung eines neuen Risikos führt. In diesem Fall sei das neue Risiko mit dem durch den ersten Unfall geschaffenen Risiko nur noch äußerlich verbunden. Dies sei hier der Fall gewesen. Es sei unerheblich gewesen, ob der Einsatz aufgrund des Unfalls erfolgte oder die Luftrettung aus anderen Gründen erforderlich war. Der Verkehrsunfall habe angesichts der vorhandenen Rettungskräfte vor Ort kein Risiko dafür geschaffen, dass ein Rettungshubschrauber ohne Sperrung der Gegenfahrbahn landen und wieder starten wird.
Bestehen einer Handlungspflicht für Rettungskräfte
Zudem sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts zu beachten gewesen, dass der Schaden durch berufsmäßig tätige Nothelfer verursacht wurde und diese ihrer Handlungspflicht nachgekommen sind. Eine Zurechnung unter dem Gesichtspunkt der Herausforderung setzte jedoch einen freiwilligen Handlungsentschluss zum Tätigwerden voraus.
Sachgerechte Rettungshandlung lag nicht vor
Hinzu sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts gekommen, dass der Start und die Landung des Rettungshubschraubers ohne Sperrung der Gegenfahrbahn oder zumindest Warnhinweise an den Gegenverkehr keiner sachgerechten Rettungshandlung entsprach. Weder sei die Dienstanweisung noch seien die gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder für die Erteilung von Allgemeinerlaubnissen für den Einsatz von Hubschraubern und die Rettungsleitfäden der Feuerwehren beachtet worden. Daher sei der Zurechnungszusammenhang unterbrochen wurden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.12.2013
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)
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