21.11.2024
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Sie sehen den Auspuff eines Autos.

Dokument-Nr. 20681

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Oberlandesgericht Köln Beschluss17.05.1994

Geschwindig­keits­über­schreitung zur Abwendung einer Gefahr durch ungesicherte Ladung eines Transporters kann wegen Notstands gerechtfertigt seinVorliegen einer Gefahrenlage, der Erfor­der­lichkeit sowie Vorliegen milderer Mittel ist zu prüfen

Überschreitet ein Autofahrer die zulässige Höchst­geschwindig­keit, weil er den Fahrer eines Transporters vor der Gefahr durch seine ungesicherte Ladung warnen möchte, kann die Geschwindig­keits­über­schreitung wegen Notstands nach § 16 OWiG gerechtfertigt sein. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Gericht Feststellungen zu der Gefahrenlage, zur Erfor­der­lichkeit der Geschwindig­keits­über­schreitung sowie zum Vorliegen von milderen Mitteln trifft. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Köln hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Autofahrer befuhr im Juni 1993 gegen 19 Uhr eine Landstraße, als ihm ein Klein­trans­porter entgegenkam. Dieser hatte auf seiner offenen Ladefläche mehrere Schaltafeln gelagert. Da diese nicht ausreichend gegen das Herabfallen gesichert waren, fiel eine der Schaltafeln von der Ladefläche und verfehlte nur knapp das Fahrzeug des Autofahrers in Höhe der Windschutz­scheibe. Um den Fahrer des Transporters vor der Gefahr durch die herabfallende Ladung zu warnen, wendete der Autofahrer bei der nächst besten Möglichkeit und fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit dem Transporter hinterher. Dabei überschritt der Autofahrer die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit von 60 km/h um 51 km/h.

Amtsgericht verhängte Geldbuße von 400 DM

Das Amtsgericht verhängte gegen den Autofahrer aufgrund der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 400 DM. Das Vorliegen eines recht­fer­ti­genden Notstands nach § 16 OWiG verneinte es. Es verwies darauf, dass eine konkrete Gefährdung für den Autofahrer oder andere Verkehrs­teil­nehmer und somit eine Notstandslage nicht feststellbar gewesen sei. Gegen diese Entscheidung legte der Autofahrer Rechts­be­schwerde ein.

Oberlan­des­gericht hielt Verweis auf fehlende Feststell­barkeit einer Notstandslage für nicht ausreichend

Das Oberlan­des­gericht Köln hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Es sei nicht zulässig, allein mit dem Hinweis auf die fehlende Feststell­barkeit zum Vorliegen einer konkreten Gefährdung, eine Notstandslage zu verneinen. Ein Gericht dürfe nicht im Zweifel zu Ungunsten des Betroffenen entscheiden. Es müsse vielmehr auf Basis sämtlicher Umstände eine Gefahrprognose treffen. Daran habe es gefehlt.

Lebenserfahrung sprach für Vorliegen einer konkreten Gefährdung

Das Oberlan­des­gericht gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Tatsache, dass unmittelbar vor dem Fahrzeug des Betroffenen eine Schaltafel herun­ter­ge­fallen war und das Fahrzeug nur knapp verfehlt hatte, nach der Lebenserfahrung dafür spreche, dass die Ladung ungesichert war und aufgrund von Fahrmanövern jederzeit herunterfallen konnte. Mit dieser naheliegenden Möglichkeit habe sich das Amtsgericht nicht ausein­an­der­gesetzt.

Fehlende Feststellung zur Erfor­der­lichkeit und des Vorliegens von milderen Mitteln

Es habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts zudem an Feststellungen dahingehend gefehlt, ob nach den örtlichen Gegebenheiten der Plan des Betroffenen nicht ebenso gut auch ohne die Geschwin­dig­keits­über­schreitung durchführbar gewesen wäre. Es habe also an Ausführungen zur Erfor­der­lichkeit der Geschwin­dig­keits­über­schreitung gefehlt. Ferner habe das Amtsgericht prüfen müssen, ob nicht mildere Mittel vorlagen, wie zum Beispiel die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe.

Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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