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- NZV 1995, 119Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 1995, Seite: 119
Oberlandesgericht Köln Beschluss17.05.1994
Geschwindigkeitsüberschreitung zur Abwendung einer Gefahr durch ungesicherte Ladung eines Transporters kann wegen Notstands gerechtfertigt seinVorliegen einer Gefahrenlage, der Erforderlichkeit sowie Vorliegen milderer Mittel ist zu prüfen
Überschreitet ein Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit, weil er den Fahrer eines Transporters vor der Gefahr durch seine ungesicherte Ladung warnen möchte, kann die Geschwindigkeitsüberschreitung wegen Notstands nach § 16 OWiG gerechtfertigt sein. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Gericht Feststellungen zu der Gefahrenlage, zur Erforderlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung sowie zum Vorliegen von milderen Mitteln trifft. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Autofahrer befuhr im Juni 1993 gegen 19 Uhr eine Landstraße, als ihm ein Kleintransporter entgegenkam. Dieser hatte auf seiner offenen Ladefläche mehrere Schaltafeln gelagert. Da diese nicht ausreichend gegen das Herabfallen gesichert waren, fiel eine der Schaltafeln von der Ladefläche und verfehlte nur knapp das Fahrzeug des Autofahrers in Höhe der Windschutzscheibe. Um den Fahrer des Transporters vor der Gefahr durch die herabfallende Ladung zu warnen, wendete der Autofahrer bei der nächst besten Möglichkeit und fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit dem Transporter hinterher. Dabei überschritt der Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 51 km/h.
Amtsgericht verhängte Geldbuße von 400 DM
Das Amtsgericht verhängte gegen den Autofahrer aufgrund der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 400 DM. Das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstands nach § 16 OWiG verneinte es. Es verwies darauf, dass eine konkrete Gefährdung für den Autofahrer oder andere Verkehrsteilnehmer und somit eine Notstandslage nicht feststellbar gewesen sei. Gegen diese Entscheidung legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein.
Oberlandesgericht hielt Verweis auf fehlende Feststellbarkeit einer Notstandslage für nicht ausreichend
Das Oberlandesgericht Köln hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Es sei nicht zulässig, allein mit dem Hinweis auf die fehlende Feststellbarkeit zum Vorliegen einer konkreten Gefährdung, eine Notstandslage zu verneinen. Ein Gericht dürfe nicht im Zweifel zu Ungunsten des Betroffenen entscheiden. Es müsse vielmehr auf Basis sämtlicher Umstände eine Gefahrprognose treffen. Daran habe es gefehlt.
Lebenserfahrung sprach für Vorliegen einer konkreten Gefährdung
Das Oberlandesgericht gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Tatsache, dass unmittelbar vor dem Fahrzeug des Betroffenen eine Schaltafel heruntergefallen war und das Fahrzeug nur knapp verfehlt hatte, nach der Lebenserfahrung dafür spreche, dass die Ladung ungesichert war und aufgrund von Fahrmanövern jederzeit herunterfallen konnte. Mit dieser naheliegenden Möglichkeit habe sich das Amtsgericht nicht auseinandergesetzt.
Fehlende Feststellung zur Erforderlichkeit und des Vorliegens von milderen Mitteln
Es habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts zudem an Feststellungen dahingehend gefehlt, ob nach den örtlichen Gegebenheiten der Plan des Betroffenen nicht ebenso gut auch ohne die Geschwindigkeitsüberschreitung durchführbar gewesen wäre. Es habe also an Ausführungen zur Erforderlichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung gefehlt. Ferner habe das Amtsgericht prüfen müssen, ob nicht mildere Mittel vorlagen, wie zum Beispiel die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.02.2015
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)
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