Oberlandesgericht Köln Urteil01.10.1999
Kein Anscheinsbeweis beim Auffahren auf einen Linksabbieger
Die Regeln des gegen den auffahrenden Verkehrsteilnehmer sprechenden Anscheinsbeweises greifen nicht ein, wenn der Vorausfahrende nach links in ein Grundstück abbiegen will und dabei seinen besonderen Sorgfaltspflichten nicht genügt. Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Köln durch rechtskräftiges Urteil vom 01.10.1999 eine Haftungsverteilung von 50 : 50 nach einem entsprechenden Unfall vorgenommen, da in einer solchen Situation nicht von einem typischen Auffahrunfall gesprochen werden könne.
Regelmäßig ist bei einem Auffahrunfall von der Vermutung einer ganz überwiegenden Verursachung durch den auffahrenden Verkehrsteilnehmer auszugehen. Trifft jedoch einen Linksabbieger ein Verschulden, weil er sich nicht rechtzeitig nach links einordnet, vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen nicht genügend auf den nachfolgenden Verkehr achtet - sog. doppelte Rückschaupflicht - und sich beim Abbiegen in ein Grundstück zudem nicht so verhält, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (§ 9 Abs. 1 und Abs. 5 Straßenverkehrsordnung), gilt diese Vermutung nach dem Urteil nicht.
Vielmehr bedarf es der Abwägung der Verursachungsbeiträge beider Verkehrsteilnehmer im einzelnen. Im entschiedenen Fall führte dies zu einer gleichwertigen Haftungsquote, da auch der auffahrende Fahrzeuglenker gegen die Straßenverkehrsordnung verstossen hatte. Denn dieser hatte in der durch das vorausfahrende Fahrzeug verursachten unklaren Verkehrslage entgegen § 5 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung zum Überholen angesetzt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.03.2005
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln vom 11.11.1999