22.11.2024
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Dokument-Nr. 8884

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Oberlandesgericht Koblenz Urteil04.12.2009

OLG Koblenz: Werbung der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH verstößt gegen Glückss­piel­staats­vertragWerbemittel fordern geset­zes­wid­ri­gerweise gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auf

Verstoßen Werbemaßnahmen einer Lotto GmbH gegen den Glückss­piel­staats­vertrag, können diese für unzulässig erklärt werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz.

Der Kläger, ein in Köln ansässiger Verein, vertritt die Interessen mehrerer privater Unternehmen, die sich im Glückss­pielwesen betätigen. Er begehrt von der Beklagten, der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH mit Sitz in Koblenz, die Unterlassung zweier Werbemaßnahmen. Die Beklagte präsentierte am 15. April 2009 in einer Zeitung sowie am 30. April 2009 auf ihrer Internet-Seite ein neues Glückss­pie­l­angebot „Goldene 7 – Das neue 5 € Los“. Auf beiden Präsentationen ist unter anderem in großen, golden glänzenden Buchstaben „Goldene 7“ zu lesen. Ferner sind dort zahlreiche Goldbarren abgebildet; des Weiteren wird in großer Schrift auf die Anzahl der Gewinn­mög­lich­keiten und die höchstmögliche Gewinnsumme hingewiesen.

Kläger verlangt Unterlassung der Werbemaßnahmen

Der Kläger hat die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Koblenz auf Unterlassung dieser konkreten Maßnahmen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat dem Antrag teilweise stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlan­des­gericht Koblenz der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlan­des­gericht zurückgewiesen.

Beseitigung des staatlichen Monopols auf dem Glückss­pielmarkt begründet keinen Missbrauch­s­tat­bestand

Das Oberlan­des­gericht Koblenz hat in seinem Urteil ausgeführt, die Geltendmachung von Unter­las­sungs­ansprüchen durch den Kläger sei nicht missbräuchlich. Der Einwand der Beklagten, der Kläger gehe nur gegen staatliche Lotte­rie­ge­sell­schaften, nicht aber gegen seine eigenen Mitglieder vor, begründe keinen Missbrauchs­vorwurf. Einem Verband sei es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers sei darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es ihm offenstehe, seinerseits gegen gleichartige Verlet­zungs­hand­lungen seiner Mitbewerber vorzugehen. Auch der Einwand der Beklagten, dem Kläger gehe es vorrangig um die Beseitigung des staatlichen Monopols auf dem Glückss­pielmarkt, begründe keinen Missbrauch­s­tat­bestand.

Werbung mit Verbots­vor­schriften des Glückss­piel­staats­ver­trages nicht vereinbar

Die Beklagte sei zur Unterlassung der von ihr in einer Zeitung und im Internet veröf­fent­lichten Anzeigen verpflichtet. Beide Präsen­ta­ti­o­ns­formen seien mit Verbots­vor­schriften des Glückss­piel­staats­ver­trages nicht vereinbar.

Grenze zulässiger Werbung überschritten

Die konkrete Gestaltung der Werbeanzeige der Beklagten vom 15. April 2009 verstoße gegen § 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Glückss­piel­staats­vertrags (nachfolgend abgedruckt), da es sich dabei weniger um eine zulässige Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel handele, sondern diese in erster Linie mittels typischer Werbemittel gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntere. Wann die Grenze zwischen einer zulässigen Werbemaßnahme zur Kanalisierung der Spielsucht zur unzulässigen Werbung mit gezieltem Anreiz zum Glücksspiel überschritten ist, könne nur im Einzelfall beurteilt werden. Maßgebend sei dabei sowohl der Inhalt der Werbung als auch ihre äußere Form und Gestaltung. Überwiege bei einer Werbemaßnahme eine reklamehafte Aufmachung durch die Verwendung von Symbolen, Farben oder die Hervorhebung besonders reizvoller Gewinn­mög­lich­keiten, die den Betrachter unmittelbar ansprechen und gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern und trete dadurch der informative Gehalt der Werbung zurück, sei die Grenze zulässiger Werbung überschritten. So liege der Fall hier, weil der Infor­ma­ti­o­ns­gehalt der Werbeanzeige gering sei und er aufgrund der grafischen Gestaltung hinter dem Anreiz zum Glücksspiel in den Hintergrund trete.

Werbung auf Internetseite verstößt gegen Glückss­piel­staats­vertrag

Auch die Präsentation der Beklagten auf ihrer Internet-Seite am 30. April 2009 sei unzulässig, weil sie gegen das Verbot der Internetwerbung in § 5 Abs. 3 des Glückss­piel­staats­ver­trages (nachfolgend abgedruckt) verstoße. Danach dürfe die Gestaltung der Internet-Seite nicht in der Weise erfolgen, dass die Produkte besonders angepriesen werden. Dies sei jedoch bei der beanstandeten Anzeige der Fall. Die Gestaltung der Internet-Seite gehe über die Vermittlung der reinen Tatsachen für eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel hinaus und sei auf eine Förderung des Absatzes des neu angebotenen Loses der Beklagten gerichtet.

§ 5 des Staatsvertrags zum Glückss­pielwesen in Deutschland (Glückss­piel­staats­vertrag) lautet auszugsweise wie folgt:

§ 5 Werbung

Erläuterungen

(1) Werbung für öffentliches Glücksspiel hat sich zur Vermeidung eines Auffor­de­rung­s­cha­rakters bei Wahrung des Ziels, legale Glückss­piel­mög­lich­keiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken.

(2) Werbung für öffentliches Glücksspiel darf nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 stehen, insbesondere nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. …

(3) Werbung für öffentliches Glücksspiel ist im Fernsehen (§§ 7 und 8 Rundfunkstaats­vertrag), im Internet sowie über Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­anlagen verboten.

Quelle: ra-online, OLG Koblenz

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