21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil07.05.2010

Unfall auf der Wasserrutsche: Schwimm­bad­be­sitzer haftet nicht für Fehlverhalten der BadegästeBereich der Wasserrutsche durch ausreichend Hinweisschilder gesichert

Kommt es auf einer Wasserrutsche in einem Schwimmbad zu einem Unfall, haftet der Schwimm­bad­be­sitzer dann nicht, wenn der Unfall durch eigenes Fehlverhalten erfolgte und dem Schwimm­bad­be­sitzer kein Verstoß gegen die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nachgewiesen werden kann. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz.

Im zugrunde liegenden Fall besuchte die erwachsene Klägerin aus dem Raum Trier am 10. März 2007 das im Landkreis Birkenfeld gelegene Schwimmbad der Beklagten. Dort nutzte sie eine etwa 90 m lange Kurvenrutsche mit einem Gefälle von ca. 9 %, die nahezu vollumfänglich einsehbar ist. Am Aufgang und Einstieg der Rutsche waren jeweils Hinweis- und Warnschilder angebracht, die Art und Weise der Nutzung durch die Badegäste regelten. Nachdem die Klägerin die Rutsche benutzt hatte und aus dem Auslaufbecken auftauchte, stieß ein anderer Badegast mit ihr zusammen. Dieser war nach der Klägerin in die Wasserrutsche eingestiegen und hatte die Rutsche unter Verstoß gegen die Baderegeln mit dem Kopf voran benutzt. Die Klägerin erlitt durch den Zusammenstoß ein schweres Schleudertrauma mit Verdacht auf Gehir­n­er­schüt­terung sowie einen Nasenbeinbruch. Der Verursacher entfernte sich nach dem Unfall und konnte nicht mehr ausfindig gemacht werden.

Klägerin verlangt Schmerzensgeld von Schwimm­bad­be­treiber wegen Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht

Die Klägerin hat von der Beklagten als Betreiberin des Schwimmbades ein Schmerzensgeld verlangt, das sie auf mindestens 6.000,- Euro beziffert hat, sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr Ersatz für alle weiteren Schäden schuldet. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie nicht ausreichend Sorge dafür getragen habe, dass niemand die Rutsche ohne angemessenen Abstand und in verbotener Rutschposition nutze.

Schwimm­bad­be­treiber ist Verkehrs­si­che­rungs­pflicht ausreichend nachgekommen

Das Landgericht Bad Kreuznach hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung vor dem Oberlan­des­gericht Koblenz blieb erfolglos. Die Beklagte habe im Zusammenhang mit dem Unfall der Klägerin keine Vertrags­ver­letzung begangen und sie habe auch nicht gegen eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verstoßen, so die Richter. Zwar sei der Betreiber einer Wasserrutsche verpflichtet, die Benutzer vor Gefahren zu schützen, denen diese bei der Nutzung der Einrichtung ausgesetzt sein könnten. Es bedürfe jedoch nur solcher Siche­rungs­maß­nahmen, die ein verständiger und umsichtiger Mensch für ausreichend halten dürfe, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm nach den Umständen zumutbar seien. Bei der Beurteilung, ob die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht erfüllt ist, verbiete sich eine genera­li­sierende Betrach­tungsweise. Vielmehr sei zu prüfen, welche Anforderungen nach den Umständen des Einzelfalls von dem Betreiber verlangt werden könnten.

Ausformulierte Warnhinweise und Piktogramme für eine als ungefährlich einzustufende Rutsche ausreichend

Die Rutsche weise von ihrer Konstruktion her keine besondere Gefährlichkeit auf. Insbesondere sei sie nahezu vollumfänglich einsehbar, so dass zum Einstieg bereite Personen ohne Probleme beurteilen könnten, wie weit die zuvor eingestiegene Person bereits gerutscht sei und in welcher Geschwindigkeit sie dies getan habe. Die Beklagte sei ihrer Verkehrs­si­che­rungs­pflicht durch Aufstellung von Hinweis­schildern sowohl am Aufgang der Rutsche als auch an deren unmittelbarem Einstieg in ausreichendem Maße nachgekommen. Die Schilder enthielten sowohl ausformulierte Warnhinweise als auch Piktogramme, auf denen die Warnhinweise nochmals bildlich dargestellt seien. Dabei würden auch die erlaubten Rutsch­po­si­tionen dargestellt und darauf hingewiesen, dass der Eintauchbereich nach Beendigung des Rutschvorgangs direkt zu verlassen sei. Eine intensivere Überwachung des Rutschen­eingangs (Ampel, eigener Bademeister nur für die Rutsche, Videokamera) übersteige die Grenzen der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht. Die Einrichtung einer Ampelanlage sei nur bei besonderer Gefährlichkeit oder Uneinsehbarkeit der Rutsche erforderlich.

Schwimm­bad­be­sitzer kann nicht für Missachtung von Vorgaben durch Badegäste verantwortlich gemacht werden

Der Unfall sei deshalb geschehen, weil der Unfall­ve­r­ur­sacher die klaren und unmiss­ver­ständ­lichen Benut­zungs­regeln der Beklagten nicht eingehalten habe. Durch ein klares Fehlverhalten eines Dritten unter bewusster Missachtung dieser Vorgaben habe sich ein Risiko verwirklicht, für welches die Beklagte nicht verantwortlich gemacht werden könne. Die Beklagte sei auch nicht dafür verantwortlich, dass die für den Unfall verantwortliche Person nicht habe ausfindig gemacht werden können.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Koblenz

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