Dokument-Nr. 16216
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- MDR 2013, 335Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 335
- NJW-RR 2013, 475Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 475
- NZV 2013, 248Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2013, Seite: 248
Oberlandesgericht Koblenz Urteil24.10.2012
Keine Haftung des Fußgängers wegen Unfall aufgrund unaufmerksamen RadfahrersUnzureichende Aufmerksamkeit, fehlender Sicherheitsabstand sowie verspätete Reaktion begründete weit überwiegendes Mitverschulden des Radfahrers
Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert von einem Radfahrer die sorgfältige Aufmerksamkeit des Verkehrsgeschehens. Zudem hat er zu vorausfahrenden Fahrzeugen einen Sicherheitsabstand einzuhalten. Beachtet der Radfahrer dies nicht und kommt es deswegen zu einem Unfall, haftet er allein für den entstandenen Schaden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Im zugrunde liegenden Fall trug ein damals 15-jähriges Mädchen im Juli 2010 mit ihrer Freundin Zeitungen aus. Als sie eine Straße überqueren wollten, näherten sich von rechts drei hintereinander fahrende Radfahrer. Der vorausfahrende Fahrer bremste sein Rad stark ab, woraufhin der hinter ihm Fahrende auf ihn auffuhr und stürzte. Er erlitt dabei schwerste Verletzungen am Kopf und verstarb im November 2010. Die Tochter des Verstorbenen klagte daraufhin auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000 € unter Berücksichtigung eines 50 %-igen Mitverschuldens. Sie behauptete, die Beklagte sei, obwohl sie die Radfahrer bemerkte, auf die Straße gelaufen. Diese erwiderte, sie habe die Fahrbahn lediglich einen Schritt weit betreten und sei sofort wieder zurückgewichen, als sie die Radfahrer bemerkte. Vielmehr habe der verunfallte Radfahrer wegen des zu geringen Sicherheitsabstands und seiner Unaufmerksamkeit den Unfall verursacht.
Anspruch auf Schmerzensgeld bestand nicht
Das Oberlandesgericht Koblenz entschied zu Gunsten des Mädchens. Der Tochter des Verstorbenen habe kein Anspruch auf Schmerzensgeld zugestanden, da ihr Vater ein weit überwiegendes Mitverschulden an dem Unfall anzulasten gewesen sei. Das geringe Fehlverhalten des Mädchens sei dabei vollkommen zurückgetreten (§ 254 BGB).
Radfahrer hätte ausweichen können
Nach der Beweisaufnahme stand es für das Oberlandesgericht fest, dass der verstorbene Radfahrer auf der 4,50 Meter breiten Fahrbahn ohne Probleme links an den beiden Mädchen hätte vorbeifahren können. Mit einer derartigen Reaktion sei bei einem Radfahrer, der das Verkehrsgeschehen in seinem Blickfeld sorgfältig beobachtet, zu rechnen gewesen. Ein Ausweichen hätte ohne jede Bremsreaktion den Unfall sicher vermieden.
Unfallursache war auf verkehrswidriges Verhalten des Radfahrers zurückzuführen
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei der Umstand, dass der verstorbene Radfahrer gegen das Rad des vor ihm Fahrenden prallte, auf eine unzureichende Aufmerksamkeit (Verstoß gegen § 1 Abs. 1 StVO), einen fehlenden Sicherheitsabstand (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 StVO), eine verspätete bzw. unangemessene Reaktion des Verstorbenen oder eine Kombination aus alldem zurückzuführen gewesen. Darüber hinaus habe der Vorfahrende nach eigenen Angaben bereits 20 Meter vor den Mädchen einen Warnruf ausgestoßen und geklingelt. Diese Warnungen hätten den Verstorbenen bei der gebotenen Aufmerksamkeit nicht entgehen dürfen. Für das Gericht sei es nicht nachvollziehbar gewesen, warum es dem Verstorbenen nicht möglich war, sein mit mäßiger Geschwindigkeit von 14 km/h rollendes Rad bei einem Bremsweg von fast 20 Metern so abzubremsen, dass es zu keinem Zusammenstoß mit dem Rad des vor ihm Fahrenden kam.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.07.2013
Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (vt/rb)
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