23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18049

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Urteil13.09.2001Oberlandesgericht Koblenz5 U 1324/00
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2001, 1604Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2001, Seite: 1604
  • zfs 2002, 166Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2002, Seite: 166
  • ZMR 2002, 515Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2002, Seite: 515
  • ZUM-RD 2002, 353Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Rechtsprechungsdienst (ZUM-RD), Jahrgang: 2002, Seite: 353
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Koblenz Urteil13.09.2001

Hörsturz nach Konzertbesuch: Konzert­ver­an­stalter und Besitzer des Veran­stal­tungsorts haften wegen Verletzung der Verkehrs­sicherungs­pflicht9.000 DM Schmerzensgeld für Konzert­be­su­cherin

Erleidet ein Konzertbesucher aufgrund der Lärmbelastung einen Hörsturz, so kann dafür sowohl der Konzert­ver­an­stalter als auch der Besitzer des Veran­stal­tungsorts haften. In Einzelfällen kann einem Konzertbesucher ein Schmerzensgeld von bis zu 4.500 € zustehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 1997 besuchte ein junges Mädchen das Konzert einer Boy-Group. Einige Tage nach dem Konzert wurde bei ihr ein Tinnitus festgestellt. Sie führte dies auf den Konzertbesuch zurück und klagte daher gegen den Konzert­ver­an­stalter und dem Besitzer des Veran­stal­tungsorts auf Zahlung von Schmerzensgeld. Ihrer Meinung nach haben beide keine ausreichenden Sicher­heits­vor­keh­rungen gegen Lärmschä­di­gungen vorgenommen. Die beiden Beklagten wehrten sich gegen die Inanspruchnahme damit, dass die Leistung der Musikanlage auf 110 dB (A) begrenzt war. Die Schal­lein­wirkung sei aber ohnehin geringer gewesen. Zudem führten sie an, dass die Hörschädigung auch auf das Gekreische des Publikums zurückzuführen sei. Darüber hinaus habe sich die Klägerin zu nahe an den Lautspre­cherboxen aufgehalten.

Anspruch auf Schmerzensgeld bestand

Das Oberlan­des­gericht Koblenz entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr habe ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 823 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn beide Beklagten haben ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Angesichts des bleibenden Hörverlustes in niedrigeren Frequenz­be­reichen sowie der chronischen Ohrgeräusche hielt das Gericht ein Schmerzensgeld von 9.000 DM für angemessen.

Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht wegen gesund­heits­schäd­lichen Lärms

Die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht sei nach Einschätzung des Oberlan­des­ge­richts dadurch verletzt worden, dass die Klägerin während des Konzerts einer gesund­heits­ge­fähr­denden und damit unzulässigen Lärmbelastung ausgesetzt war. Der Sachverständige habe insofern ausgeführt, dass bereits ein Wert von 104 dB (A) während einer Dauer für 125 Sekunden gesund­heits­schädlich ist. Aber selbst ein mittlerer Geräuschpegel von 90 dB (A) über die gesamte Konzertdauer verursache eine Gesund­heits­gefahr. Das Gericht war davon überzeugt, dass solche Lärmpegel erreicht wurden.

Hörschädigung durch Gekreische der Konzertbesucher war ausgeschlossen

Dass die Hörschädigung durch das Gekreische der anderen Konzertbesucher verursacht wurde, hielt das Oberlan­des­gericht für ausgeschlossen. Denn laut des Sachver­ständigen hätte dies vorausgesetzt, dass die kreischende Person ihren Mund an den Gehörgang heranführt und gleichzeitig den Kopf festhält, um die Schutzreflexe auszuschalten. Dafür seien im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte ersichtlich gewesen.

Kein Mitverschulden der Klägerin

Der Klägerin sei nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts auch kein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) anzulasten gewesen. Es sei nicht zu beanstanden gewesen, dass sich die Klägerin nicht mitten im Konzertsaal aufhielt, sondern in unmittelbarer Nähe eines Lautsprechers stand. Denn sie habe sich darauf verlassen dürfen, dass das Konzert egal von welchem Ort für sie ungefährlich ist. Die Klägerin habe keinen ernsthaften Grund zur Annahme gehabt, dass sie sich in einer Gefahrenzone aufhielt, insbesondere da sie sich innerhalb des zulässigen Bereichs befand.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (zt/NJW-RR 2001, 1604/rb)

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