Dokument-Nr. 18049
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- NJW-RR 2001, 1604Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2001, Seite: 1604
- zfs 2002, 166Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2002, Seite: 166
- ZMR 2002, 515Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2002, Seite: 515
- ZUM-RD 2002, 353Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Rechtsprechungsdienst (ZUM-RD), Jahrgang: 2002, Seite: 353
Oberlandesgericht Koblenz Urteil13.09.2001
Hörsturz nach Konzertbesuch: Konzertveranstalter und Besitzer des Veranstaltungsorts haften wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht9.000 DM Schmerzensgeld für Konzertbesucherin
Erleidet ein Konzertbesucher aufgrund der Lärmbelastung einen Hörsturz, so kann dafür sowohl der Konzertveranstalter als auch der Besitzer des Veranstaltungsorts haften. In Einzelfällen kann einem Konzertbesucher ein Schmerzensgeld von bis zu 4.500 € zustehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 1997 besuchte ein junges Mädchen das Konzert einer Boy-Group. Einige Tage nach dem Konzert wurde bei ihr ein Tinnitus festgestellt. Sie führte dies auf den Konzertbesuch zurück und klagte daher gegen den Konzertveranstalter und dem Besitzer des Veranstaltungsorts auf Zahlung von Schmerzensgeld. Ihrer Meinung nach haben beide keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen gegen Lärmschädigungen vorgenommen. Die beiden Beklagten wehrten sich gegen die Inanspruchnahme damit, dass die Leistung der Musikanlage auf 110 dB (A) begrenzt war. Die Schalleinwirkung sei aber ohnehin geringer gewesen. Zudem führten sie an, dass die Hörschädigung auch auf das Gekreische des Publikums zurückzuführen sei. Darüber hinaus habe sich die Klägerin zu nahe an den Lautsprecherboxen aufgehalten.
Anspruch auf Schmerzensgeld bestand
Das Oberlandesgericht Koblenz entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr habe ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 823 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn beide Beklagten haben ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Angesichts des bleibenden Hörverlustes in niedrigeren Frequenzbereichen sowie der chronischen Ohrgeräusche hielt das Gericht ein Schmerzensgeld von 9.000 DM für angemessen.
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen gesundheitsschädlichen Lärms
Die Verkehrssicherungspflicht sei nach Einschätzung des Oberlandesgerichts dadurch verletzt worden, dass die Klägerin während des Konzerts einer gesundheitsgefährdenden und damit unzulässigen Lärmbelastung ausgesetzt war. Der Sachverständige habe insofern ausgeführt, dass bereits ein Wert von 104 dB (A) während einer Dauer für 125 Sekunden gesundheitsschädlich ist. Aber selbst ein mittlerer Geräuschpegel von 90 dB (A) über die gesamte Konzertdauer verursache eine Gesundheitsgefahr. Das Gericht war davon überzeugt, dass solche Lärmpegel erreicht wurden.
Hörschädigung durch Gekreische der Konzertbesucher war ausgeschlossen
Dass die Hörschädigung durch das Gekreische der anderen Konzertbesucher verursacht wurde, hielt das Oberlandesgericht für ausgeschlossen. Denn laut des Sachverständigen hätte dies vorausgesetzt, dass die kreischende Person ihren Mund an den Gehörgang heranführt und gleichzeitig den Kopf festhält, um die Schutzreflexe auszuschalten. Dafür seien im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte ersichtlich gewesen.
Kein Mitverschulden der Klägerin
Der Klägerin sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts auch kein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) anzulasten gewesen. Es sei nicht zu beanstanden gewesen, dass sich die Klägerin nicht mitten im Konzertsaal aufhielt, sondern in unmittelbarer Nähe eines Lautsprechers stand. Denn sie habe sich darauf verlassen dürfen, dass das Konzert egal von welchem Ort für sie ungefährlich ist. Die Klägerin habe keinen ernsthaften Grund zur Annahme gehabt, dass sie sich in einer Gefahrenzone aufhielt, insbesondere da sie sich innerhalb des zulässigen Bereichs befand.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.04.2014
Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (zt/NJW-RR 2001, 1604/rb)
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