18.10.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss10.03.2010

Geschwin­digkeits­überschreitung: Auch bei Gering­ver­dienern dürfen Bußgelder bei wiederholten Verstößen gegen StVO erhöht werdenHohe Geldbuße trotz geringem Einkommens

Wirtschaftlich nur eingeschränkt leistungsfähige Personen wie etwa Sozia­l­hil­fe­emp­fänger müssen bei mehrfachen Verstößen gegen die Straßen­ver­kehrs­ordnung ebenfalls mit einer Verdopplung des Bußgeldes rechnen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

Im zugrunde liegenden Fall war ein Autofahrer durch das Amtsgericht wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 57 km/h zu einer Geldbuße von 450,- Euro verurteilt worden. Er hatte eine Bundesstraße befahren mit einer Geschwindigkeit von 157 km/h befahren, obwohl nur 100 km/h erlaubt waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts wandte sich der Betroffene mit einer Rechts­be­schwerde an das Oberlan­des­gericht. Er beantragte, das Urteil aufzuheben.

OLG: Amtsgericht berechnete Geldbuße falsch - keine pauschale Verdoppelung

Das Oberlan­des­gericht stellte fest, dass das Amtsgericht das Amtsgericht von einer falschen Geldbußhöhe ausgegangen sei. Einschlägig sei nicht die Tabelle 1 lfd. Nr. 11.3.6 des Bußgeldkatalogs sondern die lfd. Nr. 11.3.8 BKat. Danach ergebe sich nicht eine Geldbuße von 225 Euro, sondern nur von 150 Euro. Außerdem dürfe die Geldbuße auch nicht pauschal verdoppelt werden, wie es das Amtsgericht gemacht hatte. Das OLG berechnete daher die Geldbuße noch einmal ganz neu.

Ausgangspunkt: Regelsatz

Bei der Bemessung der Bußgeldhöhe sei zunächst vom Regelsatz des Bußgeldkatalogs auszugehen, der zur Tatzeit für die tatge­gen­ständliche Geschwindigkeitsüberschreitung einen Betrag von 150 Euro vorgesehen habe.

Dieser Regelbetrag reiche hier allerdings nicht zur angemessenen Ahndung der Geschwin­dig­keits­über­schreitung aus. Dem Betroffenen sei ein gegenüber dem Regelfall erhöhter Schuldvorwurf zu machen. Während der Regelfall von Fahrlässigkeit ausgehe, habe der Betroffene hier allerdings vorsätzlich gehandelt. Zudem sei er vor der Tat bereits wegen Verkehrs­ord­nungs­wid­rig­keiten in Erscheinung getreten. In der Vergangenheit sei gegen ihn dreimal eine Geldbuße festgesetzt worden, zweimal wegen Unterschreitung des Sicher­heits­ab­stands und einmal wegen Überschreitung der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit außerorts um 23 km/h.

Angemessene Erhöhung der Geldbuße notwendig

Diesen Umständen sei durch eine angemessene Erhöhung der Geldbuße Rechnung zu tragen. Im Hinblick darauf sei der Bußgeldbetrag auf 300 Euro festzusetzen. Dies führe im Ergebnis zwar wiederum zu einer hundert­pro­zentigen Erhöhung der Regel­buß­geldhöhe, jedoch nicht aufgrund einer pauschalen Verdoppelung wegen Vorsatzes, sondern nach Würdigung der schuld­be­deutsamen Umstände im Einzelfall.

Hohe Geldbuße trotz geringem Einkommens

Bei einem monatlichen Nettoverdienst von 950 Euro werde die Geldbuße den Betroffenen zwar hart treffen, führte das OLG aus. Das gäbe jedoch zu einer Minderung des Betrags keinen Anlass. Das Gebot, bei nicht geringfügigen Ordnungs­wid­rig­keiten auch die wirtschaft­lichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen, sei nicht dahin misszuverstehen, dass nur solche Geldbußen festzusetzen seien, die sich für den Betroffenen nicht belastend auswirken. Die abschreckende Wirkung, die mit der Verhängung eines Bußgelds bezweckt werde, könne nur erreicht werden, wenn die Geldbuße den Täter empfindlich treffe. Der Charakter der Buße als "gerechter Gegenschlag" und spürbarer Ordnungsruf müsse erhalten bleiben. Deswegen gäben Zahlungs­schwie­rig­keiten, die sich im Rahmen der Leistungs­fä­higkeit des Betroffenen ergeben, keinen Anlass, eine der Bedeutung der Ordnungs­wid­rigkeit und des Schuldvorwurfs angemessene Geldbuße herabzusetzen.

Ratenzahlung möglich

Der eingeschränkten Leistungs­fä­higkeit des Betroffenen könne durch Zahlungs­er­leich­te­rungen in Form des gewährten Aufschubs und der bewilligten Ratenzahlung gem. § 18 OWiG Rechnung getragen werden. Er erhalte damit Gelegenheit, sich auf die Zahlung einzustellen und entsprechende Rücklagen aus seinen Einkünften zu bilden.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Koblenz

der Leitsatz

1. Zu den Rechtsfolgen einer vorsätzlichen Geschwin­dig­keits­über­schreitung eines Kraftfahrers, der bereits wegen Verkehrs­ord­nungs­wid­rig­keiten in Erscheinung getreten, finanziell nur eingeschränkt leistungsfähig ist und in der Haupt­ver­handlung einen Zeugen zum Nachweis seiner angeblich fehlenden Fahreridentität benannt hat.

2. Eine pauschale Verdoppelung der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regelgeldbuße und Fahrver­botsdauer wegen vorsätzlicher Begehungsweise ist unzulässig.

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