18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss16.04.2019

Segway-Fahrer müssen auf kombiniertem Fuß- und Radweg Fußgängern Vorrang gewährenBei Unfall kann die Haftung des Fußgängers zurücktreten

Auf einem kombinierten Fuß- und Radweg haben Fußgänger gegenüber Elektro­kleinst­fahr­zeugen (hier: Segway) absoluten Vorrang. Der Fußgänger muss deshalb dort nicht fortwährend nach Fahrzeugen Ausschau halten, um ihnen ausweichen zu können. Vielmehr haben die Fahrer ihre Fahrweise und Fahrge­schwin­digkeit so anzupassen, dass es nicht zu einer Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers kommt. Hierzu gehört es auch, durch Warnsignale, Blickkontakt oder auf andere Weise eine Verständigung mit dem Fußgänger zu suchen. Achtet oder reagiert ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, muss das Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst werden, wenn dies erforderlich ist, um eine Behinderung oder Gefährdung zu vermeiden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Segway-Fahrerin als Teil einer Gruppe von Segway-Fahrern einen kombinierten Geh-/Radweg befahren. Der Beklagte war dort als Fußgänger unterwegs und gerade damit beschäftigt Fotos zu fertigen. Als dieser rückwärtsging, stießen Klägerin und Beklagter zusammen, worauf die Klägerin mit ihrem Segway stürzte. Sie hat im Prozess angegeben, sich durch den Sturz erheblich verletzt zu haben, wobei es auch zu Folge­er­kran­kungen gekommen sei. Der Beklagte schulde daher unter anderem die Zahlung eines Schmer­zens­geldes.

LG weist Klage ab

Das Landgericht wies die Klage bereits mit der Begründung ab, dass die Klägerin den Unfall verschuldet habe, weil sie auf den Beklagten als Fußgänger nicht hinreichend Rücksicht genommen und hierdurch ihre Pflichten als Fahrzeug­führerin erheblich verletzt habe. Eine Haftung des Beklagten scheide daher aus.

OLG: Fußgänger auf kombiniertem Fuß- und Radweg haben absoluten Vorrang

Der Oberlan­des­gericht Koblenz bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Maßgebend war hierbei, dass nach der Gesetzeslage der Beklagte als Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg absoluten Vorrang gegenüber der Beklagten gehabt habe (§ 7 Abs. 5 Mobili­täts­hil­fen­ver­ordnung; zwischen­zeitlich neu geregelt in § 11 Abs. 4 Elektro­kleinst­fahrzeuge-Verordnung). Der Beklagte habe sich daher nicht fortwährend nach Verkehrs­teil­nehmern, die die Strecke befahren durften, umschauen müssen. Er habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass die den Weg befahrenden Verkehrs­teil­nehmer auf ihn Acht geben, also ihre Fahrweise und -geschwindigkeit anpassen, durch Warnsignale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und sicherstellen, dass diese Warnsignale auch rechtzeitig von ihm wahrgenommen und verstanden werden. Hierzu sei, wenn erforderlich, Blickkontakt herzustellen oder auf andere Weise eine Verständigung zu suchen gewesen. Achte oder reagiere ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, müsse das Fahrzeug angehalten werden, wenn nur so eine Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers vermieden werden könne. Diese erhöhten Sorgfalts­pflichten habe die Klägerin nicht beachtet, da sie auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht sicher war, dass der Beklagte sie wahrgenommen hatte. Die Beklagte treffe aufgrund dieses Versäumnisses ein so hohes Verschulden am Zustandekommen des Unfalles, dass ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten (unachtsames Rückwärtsgehen) zurücktrete.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online (pm/kg)

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