24.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil21.11.2005

Zur Anrechnung einer Schenkung des Erblassers auf den PflichtteilAnrech­nungs­er­klärung muss vor und gleichzeitig mit der Zuwendung erfolgen

Der Pflicht­teils­be­rechtigte hat sich eine Zuwendung des Erblassers nur dann auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen, wenn der Erblasser die Zuwendung ausdrücklich oder konkludent mit der Bestimmung gemacht hatte, dass das Zugewandte auf den Pflichtteil angerechnet werden soll. Das hat das Oberlan­des­gericht Koblenz entschieden.

Im Fall hatte der Erblasser in einem notariell beurkundeten Testament vom 14.07.2000 als Gegenleistung für geleistete Pflegedienste seine Tochter zur Alleinerbin eingesetzt. Die beiden Brüder wurden zu Ersatzerben bestimmt. Er verfügte u.a.:

"Meine Tochter K... W... hat auf den Erbanspruch ihrer Brüder N... und A... W... an jeden von ihnen einen Betrag in Höhe von 50.000,00 DM, in Worten: fünfzigtausend Deutsche Mark, herauszuzahlen.

Hinsichtlich meines Sohnes N... ist dieser Heraus­zah­lungs­an­spruch bereits abgegolten durch eine Zahlung in Höhe von 50.000,00 DM für den Erwerb einer Eigen­tums­wohnung."

Der Hintergrund für diese Bemerkung war der Erwerb einer Eigen­tums­wohnung durch den Bruder (hier Kläger) im Jahre 1991 zu einem Preis von 102.000 DM. Das Gericht stellte fest, dass der Nachlass einen Wert von über 291.000 EUR habe und dem klagenden Bruder hiervon rechnerisch ein Pflicht­teils­an­spruch von mindestens 46.000 EUR zustünde. Die beklagte Schwester verweigerte diese Zahlung an ihren Bruder mit der Begründung, dass die Testa­ments­be­stimmung eine wirksame Anrech­nungs­be­stimmung enthalte. Der Bruder bestritt, jemals Geld vom Vater für die Eigen­tums­wohnung erhalten zu haben.

Im Ergebnis kam es hierauf allerdings nicht an. Das Gericht führte aus, dass ein Pflicht­teils­be­rech­tigter sich eine Zuwendung des Erblassers nach § 2315 BGB nur dann auf den Pflichtteil anrechnen lassen müsse, wenn der Erblasser die Zuwendung mit der Bestimmung gemacht habe, dass das Zugewandte auf den Pflichtteil angerechnet werden solle. Eine solche Anrech­nungs­be­stimmung müsse dem Empfänger mit der Zuwendung gleichzeitig oder vorher zugehen. Vorliegend war dies nicht der Fall. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Vater schon im Jahre 1991 damit gerechnet habe, seinen Sohn später auf den Pflichtteil zu setzen.

Quelle: ra-online

der Leitsatz

1. Der Pflicht­teils­be­rechtigte hat sich eine Zuwendung des Erblassers nur dann auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen, wenn der Erblasser die Zuwendung ausdrücklich oder konkludent mit der Bestimmung gemacht hatte, dass das Zugewandte auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.

2. Eine Anrech­nungs­be­stimmung ist zudem nur wirksam, wenn sie dem Empfänger der Zuwendung gleichzeitig mit dieser oder vorher zugeht.

3. Eine erst nach Vollzug der Zuwendung, etwa in einer späteren letztwilligen Verfügung, getroffene Anrech­nungs­be­stimmung ist unwirksam.

4. Der Erbe, der eine Anrechnung der Zuwendung auf den Pflichtteil geltend macht, hat darzulegen, und zu beweisen, dass die Zuwendung mit einer gleichzeitigen oder früher erklärten Anrech­nungs­be­stimmung erfolgt ist.

5. Ein Anscheinsbeweis für eine konkludent erklärte Anrech­nungs­be­stimmung greift auch im Fall der Zuwendung größerer Geldbeträge nicht ein; dies gilt jedenfalls dann, wenn bereits die Vollziehung der Zuwendung streitig ist.

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