Im Fall hatte der Erblasser in einem notariell beurkundeten Testament vom 14.07.2000 als Gegenleistung für geleistete Pflegedienste seine Tochter zur Alleinerbin eingesetzt. Die beiden Brüder wurden zu Ersatzerben bestimmt. Er verfügte u.a.:
"Meine Tochter K... W... hat auf den Erbanspruch ihrer Brüder N... und A... W... an jeden von ihnen einen Betrag in Höhe von 50.000,00 DM, in Worten: fünfzigtausend Deutsche Mark, herauszuzahlen.
Hinsichtlich meines Sohnes N... ist dieser Herauszahlungsanspruch bereits abgegolten durch eine Zahlung in Höhe von 50.000,00 DM für den Erwerb einer Eigentumswohnung."
Der Hintergrund für diese Bemerkung war der Erwerb einer Eigentumswohnung durch den Bruder (hier Kläger) im Jahre 1991 zu einem Preis von 102.000 DM. Das Gericht stellte fest, dass der Nachlass einen Wert von über 291.000 EUR habe und dem klagenden Bruder hiervon rechnerisch ein Pflichtteilsanspruch von mindestens 46.000 EUR zustünde. Die beklagte Schwester verweigerte diese Zahlung an ihren Bruder mit der Begründung, dass die Testamentsbestimmung eine wirksame Anrechnungsbestimmung enthalte. Der Bruder bestritt, jemals Geld vom Vater für die Eigentumswohnung erhalten zu haben.
Im Ergebnis kam es hierauf allerdings nicht an. Das Gericht führte aus, dass ein Pflichtteilsberechtigter sich eine Zuwendung des Erblassers nach § 2315 BGB nur dann auf den Pflichtteil anrechnen lassen müsse, wenn der Erblasser die Zuwendung mit der Bestimmung gemacht habe, dass das Zugewandte auf den Pflichtteil angerechnet werden solle. Eine solche Anrechnungsbestimmung müsse dem Empfänger mit der Zuwendung gleichzeitig oder vorher zugehen. Vorliegend war dies nicht der Fall. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Vater schon im Jahre 1991 damit gerechnet habe, seinen Sohn später auf den Pflichtteil zu setzen.