21.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss12.01.2010

OLG Koblenz: Famili­en­recht­liches Betreuungs-Wechselmodell darf nicht zum Nachteil für Kindeswohl werdenBetreuungs-Wechselmodell setze Kooperations- und Kommunikations-Bereitschaft der Eltern voraus

Ein so genanntes Betreuungs-Wechselmodell setzt die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Das Modell ist mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, wenn das Kind durch den ständigen Wechsel belastet wird und es keine Stabilität erfahren kann. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner, die jeweils im Raum Mainz wohnhaft sind, haben zwei gemeinsame Kinder im Kindergarten- bzw. Grundschulalter. Seit Oktober 2008 leben die Eltern räumlich getrennt; ein Schei­dungs­ver­fahren ist anhängig. Anlässlich des Auszugs des Antragsgegners vereinbarten die Eltern ein zweiwöchiges Wechselmodell im Verhältnis von 8:6 Tagen, wonach die Kinder in der ersten Woche von Montagmorgen bis Donners­ta­g­nach­mittag bei der Mutter und von Donners­ta­g­nach­mittag bis Montagmorgen bei dem Vater und in der zweiten Woche von Montagmorgen bis Mittwochmorgen bei der Mutter, von Mittwoch­nach­mittag bis Freitagmorgen beim Vater und von Freita­g­nach­mittag bis Montagmorgen bei der Mutter betreut wurden. Nach jeweils zwei Wochen wechselten die Aufent­halts­zeiten.

Kinder zeigen Verhal­tens­auf­fäl­lig­keiten durch permanenten Wechsel

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die bisherige Umgangsregelung habe sich nicht bewährt. Die Kinder seien durch den permanenten Wechsel stark belastet und zeigten Verhal­tens­auf­fäl­lig­keiten. Sie begehrt ein Umgangsmodell mit einem Aufent­halts­schwerpunkt der Kinder bei ihr.

Vater verlangt vereinfachtes Wechselmodell zur Sicherstellung gleicher Kontaktanteile zu beiden Elternteilen

Der Antragsgegner ist hingegen der Ansicht, das Wohl der Kinder erfordere, dass diese zu gleichen Teilen Kontakt zu beiden Elternteilen haben. Er strebt deshalb ein einfacheres Wechselmodell in der Weise an, dass sich die Kinder wöchentlich abwechselnd bei ihm beziehungsweise bei der Kindesmutter aufhalten.

Amtsgericht benennt Haupt­auf­ent­haltsort der Kinder bei der Mutter

Das Amtsgericht Mainz hat das Umgangsrecht im Wesentlichen dahingehend geregelt, dass sich die Kinder grundsätzlich im Haushalt der Mutter aufhalten und der Vater das Recht hat, die Kinder jede 1., 2. und 4. Woche eines Monats in der Zeit von Donners­ta­g­nach­mittag bis Montagmorgen sowie in den Ferien in deutlich überwiegenden Zeiträumen zu sich zu nehmen.

OLG ändert nach Sachver­stän­di­gen­gut­achten Umgangsregelung des Amtsgerichts ab

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Das Oberlan­des­gericht Koblenz hat ein psychologisches Sachver­stän­di­gen­gut­achten eingeholt und die Beteiligten, soweit sie hiermit einverstanden waren, angehört. Daraufhin hat der Familiensenat die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und eine andere Umgangsregelung getroffen. Danach haben die Kinder ihren Aufent­halts­schwerpunkt bei der Kindesmutter. Der Kindesvater hat das Recht, die Kinder jeweils Donners­ta­g­nach­mittags bis Freitagmorgens sowie alle 14 Tage von Donners­ta­g­nach­mittags bis zum darauf folgenden Montagmorgen zu sich zu nehmen. Ferner hat der Vater in den Ferien sowie an Weihnachten und Ostern ein mit der Kindesmutter zeitlich gleichrangiges Umgangsrecht.

Wechselmodells bedarf hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompro­miss­be­reit­schaft der Eltern

Das Gericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass die Fortsetzung des Wechselmodells nicht (mehr) dem Wohl der Kinder entspreche. Den Vorteilen eines Wechselmodells stünden erhebliche Nachteile für das Kind gegenüber. Die mit dem regelmäßigen Wechsel verbundenen Belastungen erforderten ein hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompro­miss­be­reit­schaft der Eltern und der Kinder. Das Betreuungs-Wechselmodell setze deshalb die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraus, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren. Gegen den Widerstand eines Elternteils könne das Wechselmodell nicht funktionieren.

Kinder aufgrund mangelnder Zusammenarbeit der Eltern durch Wechselmodell großen Belastungen ausgesetzt

Diese Grund­vor­aus­set­zungen hat der sachverständig beratene Familiensenat im vorliegenden Fall nicht als erfüllt angesehen. Das Wechselmodell habe für die Kinder mit sich gebracht, dass für sie ein Lebens­mit­telpunkt fehle. Sie seien besonderen Belastungen ausgesetzt. Zwischen den Eltern bestehe ein hohes Konflikt­po­tential. Eine reibungslose Kommunikation und Verständigung über die Belange der Kinder sei zwischen ihnen nicht möglich. Die Kindesmutter wolle an dem Wechselmodell nicht mehr festhalten. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies rechts­miss­bräuchlich und aus eigennützigen Motiven erfolge.

Lebens­mit­telpunkt zum Wohl der Kinder zur Mutter verlegt

Dem Wohl der Kinder entspreche hier eine Umgangsregelung, bei der die Kinder, ausgehend von einem Lebens­mit­telpunkt bei der Antragstellerin, den Antragsgegner regelmäßig und häufig sehen, aber mit einem klaren Aufent­halts­schwerpunkt bei der Antragstellerin.

Quelle: ra-online, OLG Koblenz

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