21.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil08.11.2012

Fehlende Einsatz­be­rech­tigung eines Fußballspielers berechtigt nicht zur NeuwertungUrteile der Sportgerichte gegen FC Rot-Weiß Salem e.V. betreffend sechs Verbandsspiele in der Saison 2011/2012 für unwirksam erklärt

Die fehlende Einsatz­be­rech­tigung eines Fußballspielers muss vor Spielbeginn festgestellt werden. Eine Feststellung nach Spielende berechtigt zu keiner Neuwertung. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

In dem zugrunde liegenden Fall ist der klagende FC Rot-Weiß Salem e.V. Mitglied des beklagten Südbadischen Fußba­ll­ver­bandes. Der Kläger nahm mit seiner Herren­mann­schaft in der Bezirksliga Bodensee in der Saison 2011/2012 an sechs Begegnungen zwischen dem 3. September 2011 und dem 13. November 2011 teil. Zum Einsatz kam auch der Spieler A., der zwar über einen Spielerpass verfügte und damit spielberechtigt war, diesen aber nicht unterschrieben hatte. Das war vor den Spielen nicht beanstandet worden. Nach einem Spiel der Herren­mann­schaft am 19. November 2011 legte die spielleitende Behörde des Bezirks Bodensee Einspruch gegen die Wertung der Spiele ein, in denen der Spieler A. eingesetzt worden war. Diesem Einspruch hat das Bezirkss­port­gericht Bodensee stattgegeben und die sechs Verbandsspiele mit :3 Toren und Punkten für den Kläger als verloren und mit 3: Toren und 3 Punkten für den jeweiligen Gegner als gewonnen gewertet. Die Berufung des Klägers gegen diese sport­ge­richtliche Entscheidung hat das Verbandsgericht als unbegründet zurückgewiesen.

Kläger beantragt Neuwertung

Der Punkteabzug hatte für den Kläger erhebliche negative Konsequenzen in der Tabelle. Der Kläger hat danach Klage zum Landgericht Freiburg mit dem Antrag erhoben, die sport­ge­richt­lichen Urteile aufzuheben und den beklagten Fußballverband zur Neuwertung zu verurteilen.

Beklagter Fußballverband reichte Einspruch verspätet ein

Das Landgericht hat die Urteile der Sportgerichte aufgehoben und den beklagten Fußballverband verurteilt, die sechs Spiele ihrem tatsächlichen Ergebnis entsprechend zu werten sowie die verhängte Geldstrafe und die Verfah­rens­ge­bühren zurück­zu­er­statten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der von der spielleitenden Stelle des Beklagten erhobene Einspruch verspätet und damit unzulässig gewesen sei, weil die einwöchige Einspruchsfrist für Vereine in § 15 Abs. 4 der Rechts- und Verfah­rens­ordnung (RuVO) des Fußba­ll­ver­bandes überschritten gewesen sei.

Berufung erfolglos

Die dagegen gerichtete Berufung des beklagten Fußba­ll­ver­bandes zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe - Außensenate in Freiburg - war überwiegend erfolglos.

Urteile des Bezirkss­ports­ge­richts unwirksam

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat mit der heute verkündeten Entscheidung festgestellt, dass die Urteile des Bezirkss­port­ge­richtes und des Verbands­ge­richts des Beklagten unwirksam sind. Im Übrigen - bezogen auf den Antrag auf Aufhebung der sport­ge­richt­lichen Entscheidungen und Verurteilung zu einer bestimmten Spielwertung - hat es die Klage abgewiesen.

Sport­ge­richt­liches Verfahren aufgrund besonderer 9-monatiger Frist nicht zu beanstanden

Das Gericht hat ausgeführt, dass die beiden sport­ge­richt­lichen Entscheidungen, die nicht die Einhaltung der Fußballregeln im engeren Sinn beträfen, sondern die verbandseigenen Bestimmungen, von den staatlichen Gerichten voll darauf zu überprüfen sind, ob sie eine Stütze im Gesetz oder in der Satzung hätten, ob das Verfahren der eigenen Verfah­rens­ordnung des Verbandes und elementaren rechts­s­taat­lichen Grundsätzen entspreche und ob die der Bestrafung zugrun­de­lie­genden Tatsachen fehlerfrei ermittelt worden seien. Bei sozial mächtigen Verbänden wie dem Beklagten seien die vereins­recht­lichen Regelwerke unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auch auf ihre inhaltliche Angemessenheit zu prüfen. Dieser Kontrolle hielten die sport­ge­richt­lichen Entscheidungen nicht stand. Das sport­ge­richtliche Verfahren sei allerdings nicht zu beanstanden, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Einspruch der spielleitenden Stelle nicht verfristet gewesen, da für diese eine besondere 9-monatige Frist nach §§ 15 Ziff. 4, 10 Ziff. 4 RuVO gelte. Die von den Sportgerichten verhängten Strafen hätten aber keine wirksame Grundlage im Regelwerk des beklagten Fußba­ll­ver­bandes, der RuVO und der Spielordnung (SpO).Nach § 38 Ziff. 1 RuVO werde der Einsatz eines nicht spiel- oder einsatz­be­rech­tigten Spielers mit einer Geldstrafe von 50,00 EUR bis 200,00 EUR geahndet.

Weder Schiedsrichter noch gegnerische Mannschaft hielten Inhalts­kon­trolle nach Grundsätzen von Treu und Glauben stand

Außerdem seien Verbandsspiele gemäß § 38 Ziff. 2 S. 1 RuVO dem Gegner als gewonnen und dem Verein, der den nicht spiel- oder einsatz­be­rech­tigten Spieler eingesetzt habe, als verloren zu werten. Diese Sanktion werde in § 46 Ziff. 1 a SpO wiederholt und in § 46 Ziffer 2 SpO dahin konkretisiert, dass das Spiel mit :3 Toren gewertet werde, wenn die Tordifferenz des tatsächlichen Endstandes weniger als 3 betrage. Diese Straf­be­stim­mungen erfassten auch den Fall hier, indem der eingesetzte Spieler materiell spielberechtigt gewesen sei und seine fehlende Einsatzberechtigung vor dem Spiel weder vom Schiedsrichter noch von der gegnerischen Mannschaft beanstandet worden sei. Insoweit hielten sie der Inhalts­kon­trolle nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht stand. Grundsätzlich sei es nicht zu beanstanden, dass der Einsatz eines nicht spiel- oder einsatz­be­rech­tigten Spielers mit Geldstrafe und Spielverlust bestraft werde, denn der Beklagte sei als Veranstalter für einen geordneten Spielbetrieb und insbesondere für die Herstellung gleicher Start- und Wettkampf­be­din­gungen verantwortlich. Dazu könne und müsse er die Teilnah­me­be­rech­tigung regeln und die Durchsetzung dieser Regeln gewährleisten. Diese zwingenden Strafen seien aber dann nicht angemessen, wenn wie hier der eingesetzte Spieler materiell spielberechtigt gewesen sei und seine fehlende Einsatz­be­rech­tigung vor dem Spiel nicht beanstandet worden sei. In diesem Fall sei nämlich das berechtigte Interesse des Verbandes an der Herstellung gleicher Start- und Wettkampf­be­din­gungen weder unmittelbar noch mittelbar beeinträchtigt. Der betroffene Verein habe dann nämlich weder einen nicht spiel­be­rech­tigten Spieler eingesetzt und sich damit einen unzulässigen Wettbe­wer­bs­vorteil verschafft, noch habe er die mit den Bestimmungen zur Einsatz­be­rech­tigung geschützte Kontrolle der Spiel­be­rech­tigung verhindert. Die Kontrolle sei vielmehr ohne Beanstandung verlaufen. Der vorgeschriebene Nachweis der Spiel­be­rech­tigung sei also entweder nicht oder nicht hinreichend kontrolliert oder für entbehrlich erachtet worden. In beiden Fällen habe sich der Verstoß gegen diese Bestimmung nicht auf die Überprüfung ausgewirkt, sondern lediglich die abstrakte Kontroll­mög­lichkeit des Schiedsrichters beeinträchtigt. Das genüge aber nicht um eine Bestrafung wegen fehlender Einsatz­be­rech­tigung zu rechtfertigen. Denn der förmliche Nachweis der Spiel­be­rech­tigung sei kein Selbstzweck, sondern nur dazu bestimmt, die zur Gewährleistung gleicher Wettkampf­be­din­gungen erforderliche Kontrolle zu ermöglichen. Deshalb sei die Unwirksamkeit der sport­ge­richt­lichen Entscheidungen festzustellen.

Wertung der Verbandsspiele obliegt dem beklagten Verband

Allerdings komme eine Aufhebung der sport­ge­richt­lichen Entscheidungen nicht in Betracht, dazu seien die staatlichen Gerichte nicht berufen, der beklagte Verband könne auch nicht zu einer bestimmten Spielwertung verurteilt werden, denn die Wertung der Verbandsspiele obliege nicht den staatlichen Gerichten, sondern dem beklagten Verband.

§ 15 Ziff. 2 a RuVO

Ein Einspruch kann mit folgender Begründung erhoben werden:

a) Mitwirkung eines nicht spiel- oder einsatz­be­rech­tigten Spielers bei der gegnerischen Mannschaft. [...]

§ 15 Ziff.4 RuVO

In den Fällen der Ziffer 2a steht das Recht des Einspruchs auch der spielleitenden Stelle nach Rücksprache mit dem zuständigen Staffelleiter innerhalb der Verjäh­rungsfrist zu.

§ 10 Ziff. 4 RuVO

Spielt ein Spieler ohne Spiel- oder Einsatz­be­rech­tigung, so kann die Spielwertung für die Spiele, die mehr als 9 Monate nach Einleitung des Verfahrens zurückliegen, nicht mehr geändert werden.

§ 47 Ziff. 1 SpO

Vor jedem Pflicht- oder Freund­schaftsspiel sind dem Schiedsrichter [...] von beiden Vereinen die Spielerpässe unaufgefordert vorzulegen. [...] Spieler [...] deren Spielerpass [...] keine Unterschrift enthält [...] sind nicht einsatz­be­rechtigt.

§ 46 Ziff. 1 SpO

Ein Spiel wird dem Verein als verloren und dem Gegner als gewonnen angerechnet, wenn er:

a) einen Spieler ohne Spiel- oder Einsatz­be­rech­tigung [...] teilnehmen lässt. [...]

§ 38 Ziff. 1 RuVO

Der Einsatz eines nicht spiel- oder einsatz­be­rech­tigten Spielers wird mit einer Geldstrafe von 50,00 EUR bis 200,00 EUR geahndet.

§ 38 Ziff. 2 RuVO

Außerdem ist bei Pflichtspielen dem Gegner das Spiel als gewonnen und dem Verein, der den nicht spiel­be­rech­tigten oder nicht einsatz­be­rech­tigten oder gesperrten Spieler eingesetzt hat als verloren zu werten. [...]

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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