18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18904

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Urteil20.12.2012Oberlandesgericht Karlsruhe9 U 88/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2013, 588Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 588
  • NJW 2013, 1968Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1968
  • NZV 2013, 392Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2013, Seite: 392
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Vorinstanz:
  • Landgericht Konstanz, Urteil08.04.2011, 3 O 221/10 A
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil20.12.2012

50 % Haftungsquote bei Auffahrunfall nach abrupter Bremsung vor ausgeschalteter BaustellenampelVollbremsung ohne zwingenden Grund begründet Verkehrsverstoß

Kommt es zu einem Auffahrunfall, kann dem Auffahrenden in der Regel ein unzureichender Abstand oder eine Unauf­merk­samkeit zur Last gelegt werden. Dem Vorausfahrenden kann demgegenüber ein Verstoß gegen das Verbot des starken Bremsens ohne zwingenden Grund angelastet werden. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Vorausfahrende vor einer ausgeschalteten Baustellenampel abrupt abbremst. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2010 kam es zwischen zwei Fahrzeugen auf einer Bundesstraße zu einem Auffahrunfall. Als sich nämlich die Fahrerin eines VW-Golfs einer ausgeschalteten Baustellenampel näherte, bemerkte sie am anderen Ende der Baustelle stehende Fahrzeuge vor der Baustellenampel. Zudem stand an einer Einmündung im Baustel­len­bereich ein weiteres Fahrzeug, dass in Richtung der Golf-Fahrerin auf die Bundesstraße einbiegen wollte. Die Golffahrerin befürchtete nunmehr, dass die Ampel nur defekt sei und bremste ihr Fahrzeug kurz vor der Ampel abrupt ab. Die nachfolgende Fahrerin eines BMW fuhr daraufhin hinten auf. Aufgrund des entstandenen Sachschadens klagte die Golf-Fahrerin auf Zahlung von Schadenersatz.

Landgericht gab Klage zur Hälfte statt

Das Landgericht Konstanz gab der Klage zur Hälfte statt. Zwar habe die BMW-Fahrerin einen Verkehrsverstoß begangen, da sie keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe. Aber auch der Golf-Fahrerin sei ein Verkehrsverstoß zur Last zu legen gewesen. Denn sie habe ohne zwingenden Grund kurz vor der Ampel abrupt gebremst. Gegen diese Entscheidung legte die Golf-Fahrerin Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejahte ebenfalls Haftungsquote von 50 %

Das Oberlan­des­gericht habe die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und die Berufung der Golf-Fahrerin daher zurückgewiesen. Es habe hier eine Haftungsquote von 50 % bestanden, da sowohl der BMW-Fahrerin als auch der Golf-Fahrerin ein Verkehrsverstoß anzulasten gewesen sei.

Kein ausreichender Sicher­heits­abstand oder Unauf­merk­samkeit der BMW-Fahrerin

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts habe ein Anscheinsbeweis dafür bestanden, dass die BMW-Fahrerin entweder keinen ausreichenden Sicher­heits­abstand eingehalten habe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVO) oder unaufmerksam gewesen sei (§ 1 Abs. 2 StVO). Jeder Verkehrs­teil­nehmer müsse einen solchen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten, dass er bei einer plötzlichen Bremsung des Vorausfahrenden rechtzeitig anhalten kann. Diese Pflicht bestehe unabhängig davon, ob der Vordermann einen Anlass für die Bremsung hat oder nicht.

Vollbremsung ohne zwingenden Grund

Der Golf-Fahrerin sei nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts vorzuwerfen gewesen, dass sie ohne zwingenden Grund abbremste (§ 4 Abs. 1 Satz 2 StVO). Die ausgeschaltete Baustellenampel habe keinen Anlass für eine Abbremsung geboten. Selbst das Vorhandensein des Gegenverkehrs habe eine solche Maßnahme nicht gerechtfertigt. Denn zum einen sei die Fahrbahn frei gewesen. Zum anderen sei die Straße im Baustel­len­bereich breit genug gewesen, um zwei entge­gen­kom­menden Fahrzeugen Platz zu bieten. Auch die Befürchtung, dass die Ampel defekt sei, sei unbegründet gewesen. Denn es habe keine Anhaltspunkte für eine solche Unklarheit gegeben. Allein das Vorhandensein von stehenden Fahrzeugen im Gegenverkehr genüge für eine solche Annahme nicht. Vielmehr hätte weiter vorgetragen werden müssen, wie viele Fahrzeuge dort standen, wie lange die Fahrzeuge in der Gegenrichtung standen und welche Umstände für das Stehen dieser Fahrzeuge maßgeblich waren.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

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