Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil02.02.2015
Verdacht aus Gewinnstreben gesunde Zähne gezogen zu haben: Zahnarzt kann Verdachtsberichterstattung in der Presse nicht untersagen lassenDie Pressefreiheit und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit wiegen schwerer als die Persönlichkeitsrechte des Zahnarztes
Steht ein Zahnarzt in Verdacht, gesunde Zähne gezogen zu haben, um sich diesbezüglich zu bereichern, dann darf die Presse darüber berichten. Der Zahnarzt hat keinen Anspruch darauf, dass die Presse diese so genannte Verdachtsberichterstattung unterlässt. Die Pressefreiheit und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit wiegen in diesem Fall schwerer als die Persönlichkeitsrechte des Zahnarztes. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in drei Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren zu entscheiden. In der Presse war – zunächst ohne Hinweise auf die Person des Beschuldigten – berichtet worden, ein Zahnarzt stehe aufgrund einer Vielzahl von Anzeigen im Verdacht, Patienten aus Gewinnstreben gesunde Zähne gezogen und durch Implantate ersetzt zu haben.
Landgericht Karlsruhe wies Eilanträge des Zahnarztes ab
In dem streitgegenständlichen Artikel, der in verschiedenen Medien veröffentlicht wurde, wurde der Betroffene zwar ebenfalls nicht namentlich benannt; der Artikel enthielt aber eine Reihe von Einzelheiten, über die der Zahnmediziner durch entsprechende Nachforschungen mit Internetsuchmaschinen identifiziert werden konnte. Die drei Anträge des Klägers auf einstweilige Untersagung einer weiteren Veröffentlichung waren bereits beim Landgericht Karlsruhe erfolglos geblieben.
Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe
Die gegen diese Urteile gerichteten Berufungen hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe mit Urteilen vom 02.02.2015 zurückgewiesen. Nach Auffassung des Senats wird der angegriffene Artikel den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für eine Verdachtsberichterstattung aufgestellten Anforderungen gerecht; bei der Abwägung aller Umstände genießen die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit Vorrang vor dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.02.2015
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Karlsruhe (pm/pt)