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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil04.09.2008
Schadensersatzhaftung eines Aufsichtsratsvorsitzenden bei systematischem Betrug einer AktiengesellschaftBeihilfe Leistender haftet wie der Haupttäter auf Schadensersatz
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat einen Wirtschaftsprüfer verurteilt, an 71 Kläger Schadensersatz in Höhe von insgesamt ca. 3.000.000 € zu zahlen. Nach Auffassung des Senats war der Beklagte in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender einer Aktiengesellschaft mitverantwortlich für eine betrügerische Anlagevermittlung.
Der Beklagte war von Ende 1998 bis Mitte 2000 Aufsichtsratsvorsitzender einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Baden, die sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von geschlossenen Immobilien-Fonds in den USA befasste. Die Entwicklung einerseits und der Vertrieb der Fonds andererseits erfolgten durch zu diesem Zweck gegründete Tochtergesellschaften.
Fonds-Anteile sind inzwischen wertlos
In der Zeit von März 1999 bis Dezember 2000 erwarben die 71 Kläger Anteile an einem bestimmten Fonds. Die einzelnen Zeichnungssummen lagen zwischen 25.000 $ und 300.000 $. Die Anteile sind inzwischen wertlos; die mit Entwicklung und Vertrieb der Fonds-Anteile befassten deutschen Gesellschaften haben bereits Ende 2001/Anfang 2002 Insolvenzantrag gestellt.
Gericht sieht systematischen Betrug
Nach den Feststellungen des 4. Senats stellte der Vertrieb der Fonds-Anteile gegenüber den Anlegern einen systematischen Betrug dar. Es habe einen Emissionsprospekt gegeben, in dem entscheidende Umstände vorsätzlich falsch dargestellt worden seien. Das betreffe insbesondere ein (weitgehend wertloses) angebliches Sicherheitskonzept und eine ebenso wertlose sogenannte "Platzierungsgarantie". Außerdem seien Anlagegelder prospektwidrig in erheblichem Umfang dem Vermögen des Fonds entzogen worden. Ohne die falschen Darstellungen im Prospekt hätte nach Auffassung des Senats kein Kläger Gelder zum Erwerb der Fonds-Anteile eingezahlt. Der Hauptverantwortliche des Betruges sei ein ehemaliger Rechtsanwalt gewesen, der als Gesellschafter der Aktiengesellschaft und Prokurist der Tochtergesellschaften den gesamten Vertrieb der Fondsanteile maßgeblich gesteuert habe. Der ehemalige Rechtsanwalt ist bereits vor einigen Jahren wegen eines Teiles der vom Senat festgestellten Straftaten mit Urteil des Landgerichts Mannheim rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Beklagter als Aufsichtsratsvorsitzender der Aktiengesellschaft mitverantwortlich
Mitverantwortlich war nach Auffassung des Senats allerdings auch der Beklagte als Aufsichtsratsvorsitzender der Aktiengesellschaft. Dieser habe in einer Aufsichtsratssitzung vom 17.03.1999 den Vertrieb der Fonds-Anteile gebilligt und an verschiedenen Beschlüssen mitgewirkt, durch welche die Vertriebstätigkeit ermöglicht und unterstützt wurde. Der Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis der für den Betrug maßgeblichen Umstände gehandelt. Insbesondere habe der Beklagte den Emissionsprospekt und die Bedeutung der für die Anleger entscheidenden Fehler dieses Prospekts gekannt. Unter diesen Umständen sei die Mitwirkung des Beklagten an den Aufsichtsratsbeschlüssen vom 17.03.1999 als Beihilfe zum Betrug des hauptverantwortlichen ehemaligen Rechtsanwalts zu werten. Bei einer Beihilfe zum Betrug sei der Beklagte sämtlichen Klägern - in gleicher Weise wie der Haupttäter - in voller Höhe zum Schadensersatz verpflichtet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.09.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 15.09.2008
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