21.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil04.09.2008

Schaden­s­er­satz­haftung eines Aufsichts­rats­vor­sit­zenden bei systematischem Betrug einer Aktien­ge­sell­schaftBeihilfe Leistender haftet wie der Haupttäter auf Schadensersatz

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat einen Wirtschafts­prüfer verurteilt, an 71 Kläger Schadensersatz in Höhe von insgesamt ca. 3.000.000 € zu zahlen. Nach Auffassung des Senats war der Beklagte in seiner Eigenschaft als Aufsichts­rats­vor­sit­zender einer Aktien­ge­sell­schaft mitver­ant­wortlich für eine betrügerische Anlage­ver­mittlung.

Der Beklagte war von Ende 1998 bis Mitte 2000 Aufsichts­rats­vor­sit­zender einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Baden, die sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von geschlossenen Immobilien-Fonds in den USA befasste. Die Entwicklung einerseits und der Vertrieb der Fonds andererseits erfolgten durch zu diesem Zweck gegründete Tochter­ge­sell­schaften.

Fonds-Anteile sind inzwischen wertlos

In der Zeit von März 1999 bis Dezember 2000 erwarben die 71 Kläger Anteile an einem bestimmten Fonds. Die einzelnen Zeich­nungs­summen lagen zwischen 25.000 $ und 300.000 $. Die Anteile sind inzwischen wertlos; die mit Entwicklung und Vertrieb der Fonds-Anteile befassten deutschen Gesellschaften haben bereits Ende 2001/Anfang 2002 Insolvenzantrag gestellt.

Gericht sieht systematischen Betrug

Nach den Feststellungen des 4. Senats stellte der Vertrieb der Fonds-Anteile gegenüber den Anlegern einen systematischen Betrug dar. Es habe einen Emissi­ons­prospekt gegeben, in dem entscheidende Umstände vorsätzlich falsch dargestellt worden seien. Das betreffe insbesondere ein (weitgehend wertloses) angebliches Sicher­heits­konzept und eine ebenso wertlose sogenannte "Platzie­rungs­ga­rantie". Außerdem seien Anlagegelder prospektwidrig in erheblichem Umfang dem Vermögen des Fonds entzogen worden. Ohne die falschen Darstellungen im Prospekt hätte nach Auffassung des Senats kein Kläger Gelder zum Erwerb der Fonds-Anteile eingezahlt. Der Haupt­ver­ant­wortliche des Betruges sei ein ehemaliger Rechtsanwalt gewesen, der als Gesellschafter der Aktien­ge­sell­schaft und Prokurist der Tochter­ge­sell­schaften den gesamten Vertrieb der Fondsanteile maßgeblich gesteuert habe. Der ehemalige Rechtsanwalt ist bereits vor einigen Jahren wegen eines Teiles der vom Senat festgestellten Straftaten mit Urteil des Landgerichts Mannheim rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Beklagter als Aufsichts­rats­vor­sit­zender der Aktien­ge­sell­schaft mitver­ant­wortlich

Mitver­ant­wortlich war nach Auffassung des Senats allerdings auch der Beklagte als Aufsichts­rats­vor­sit­zender der Aktien­ge­sell­schaft. Dieser habe in einer Aufsichts­rats­sitzung vom 17.03.1999 den Vertrieb der Fonds-Anteile gebilligt und an verschiedenen Beschlüssen mitgewirkt, durch welche die Vertrie­b­s­tä­tigkeit ermöglicht und unterstützt wurde. Der Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis der für den Betrug maßgeblichen Umstände gehandelt. Insbesondere habe der Beklagte den Emissi­ons­prospekt und die Bedeutung der für die Anleger entscheidenden Fehler dieses Prospekts gekannt. Unter diesen Umständen sei die Mitwirkung des Beklagten an den Aufsichts­rats­be­schlüssen vom 17.03.1999 als Beihilfe zum Betrug des haupt­ver­ant­wort­lichen ehemaligen Rechtsanwalts zu werten. Bei einer Beihilfe zum Betrug sei der Beklagte sämtlichen Klägern - in gleicher Weise wie der Haupttäter - in voller Höhe zum Schadensersatz verpflichtet.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 15.09.2008

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