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Dokument-Nr. 26761

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss15.05.2017

Moslem kann Aufstehen zur Urteils­ver­kündung nicht aus religiösen Gründen verweigernVerweigertes Aufstehen zieht Ordnungsgeld nach sich

Ein Moslem darf das Aufstehen zur Urteils­ver­kündung nicht aus religiösen Gründen verweigern. Denn der Islam verbietet dieses Aufstehen nicht. Verweigert daher ein Moslem das Sicherheben zur Urteils­ver­kündung, kann dies ein Ordnungsgeld gemäß § 178 Abs. 1 des Gerichts­verfassungs­gesetzes (GVG) nach sich ziehen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall weigerte sich ein Angeklagter im Oktober 2016 beim Amtsgericht Mannheim zur Verkündung des Urteils aufzustehen. Trotz Ermahnung und wiederholter Aufforderung der vorsitzenden Richterin lehnte der Angeklagte ein Aufstehen ab. Zur Begründung führte er an, dass ihm als Moslem das Aufstehen nur für Allah erlaubt sei. Die Richterin sah dies anders und verhängte gegen den Angeklagten wegen Ungebühr ein Ordnungsgeld von 300 Euro. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Angeklagten.

Zulässige Verhängung des Ordnungsgelds wegen Ungebühr

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde des Angeklagten zurück. Die Verhängung des Ordnungsgeldes sei zu lässig gewesen, da sich der Angeklagte einer Ungebühr nach § 178 Abs. 1 GVG schuldig gemacht habe, als er sich trotz wiederholter Aufforderung nicht zur Urteils­ver­kün­digung erhoben habe. Der Angeklagte habe provozieren und seine Missachtung bekunden wollen.

Aufstehen zur Urteils­ver­kündung im Islam nicht verboten

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts sei das Aufstehen zur Urteils­ver­kündung im Islam nicht verboten. Nach einer entsprechenden Rechtsauskunft sei das Stehen vor einer Person oder Etwas nach dem Islam verboten, wenn die Situation den Charakter einer gottes­dienst­lichen Verrichtung im Sinne von Anbetung oder Verherrlichung habe oder haben könnte und damit den Glauben an die Einheit und Einzigkeit Gottes in Frage stelle. Nur in diesem Fall sei das Aufstehen als Götzdienst zu betrachten. So habe der Fall hier aber nicht gelegen. Da das Gericht selbst, alle Verfah­rens­be­tei­ligten und die im Sitzungssaal anwesenden Personen aufstehen müssen, könne darin naturgemäß kein Unter­wer­fungs­ritual gegenüber der Person des Richters gesehen werden. Zwar wohne dem Sicherheben ein Element der Achtung inne. Dies sei aber die von der Person des Richters unabhängige Achtung vor der besonderen Bedeutung des auf ein Urteil ausgerichteten richterlichen Verfas­sungs­auftrags.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

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