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- NStZ-RR 2012, 119Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2012, Seite: 119
Oberlandesgericht Celle Beschluss17.01.2012
Vor Gericht nicht aufgestanden: Ordnungshaft von 5 Tagen bei Weigerung der Erhebung zur UrteilsverkündungGleiches gilt bei Weigerung eines Zuhörers "aus Protest"
Weigert sich ein Angeklagter in einem Strafprozess, sich vor der Urteilsverkündung zu erheben, kann das Gericht gegen ihn wegen Ungebühr ein Ordnungsgeld von bis zu 1.000 € oder Ordnungshaft bis zu einer Woche festsetzen. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall wurde gegen den Angeklagten eine Ordnungshaft von fünf Tagen festgesetzt, nachdem er sich trotz wiederholter Aufforderung geweigert hatte, sich zur Urteilsverkündung zu erheben. Er legte daraufhin Beschwerde ein. In einem zuvor durchgeführten Parallelverfahren wurde gegen den Angeklagten als Zuhörer aus demselben Grund bereits ein Ordnungsgeld verhängt.
Festsetzung der Ordnungshaft rechtmäßig
Das Oberlandesgericht Celle entschied gegen den Beschwerdeführer. Die Anordnung der Ordnungshaft wegen Ungebühr gemäß § 178 GVG war frei von Rechtsfehlern. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs lag nicht vor. Der Vorsitzende drohte vor Verhängen des Ordnungsmittels eine entsprechende Maßnahme ausdrücklich an und gab den Angeklagten Gelegenheit zum Überdenken seines Verhaltens oder zur Stellungnahme. Dessen ungeachtet stand der Ungebührwille des Angeklagten außer Frage, so dass eine vorherige Anhörung ohnehin entbehrlich war.
Ungebührliches Verhalten lag vor
Das Oberlandesgericht führte weiter aus, dass zu Recht eine Ungebühr angenommen wurde. Eine Ungebühr ist ein erheblicher Angriff auf die Ordnung in der Sitzung, auf deren justizgemäßen Ablauf, auf den Gerichtsfrieden und damit auf die Würde des Gerichts. Zu einem geordneten Ablauf in diesem Sinne gehört auch das Beachten eines Mindestmaßes von äußeren Formen. Zwar ist das Erheben sämtlicher in der Hauptverhandlung anwesender Personen bei Eintritt des Gerichts zu Beginn der Sitzung und zur Urteilsverkündung nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Nichtbeachtung stellt aber gleichwohl eine Ungebühr dar. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn der Betreffende zuvor entsprechend ermahnt worden war.
Höhe der Ordnungshaft nicht zu beanstanden
Nach § 178 Abs. 1 GVG kann im Falle der Ungebühr ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 1.000 € oder Ordnungshaft bis zu einer Woche festgesetzt werden. Die Prüfung eines Ordnungsmittels ist nicht allein auf die im zugrunde liegenden Beschluss festgestellten Tatsachen beschränkt. Vielmehr können auch solche Umstände in die Prüfung einbezogen werden, die sich zwar nicht aus den Beschlussgründen, die sich aber aus dem Hauptverhandlungsprotokoll auch für den Betroffenen ohne weiteres ergeben, diesem dem Protokoll zufolge also hinlänglich bekannt sind. Vorliegend war aus dem Protokoll zu entnehmen, dass der Angeklagte während der gesamten, von einem erheblichen Interesse der Medien und Öffentlichkeit gezeichneten Hauptverhandlung ein Verhalten an den Tag legte, welches gezielt auf eine Provokation des Gerichtes und Bloßstellung des Vorsitzenden gerichtet war. Dieses Verhalten rechtfertigte nach Auffassung des Oberlandegerichts die Höhe der festgesetzten Ordnungshaft.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.09.2012
Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)
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