24.11.2024
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Dokument-Nr. 9637

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Urteil07.05.2010Oberlandesgericht Karlsruhe17 U 67/09, 17 U 88/09, 17 U 92/09, 17 U 107/09, 17 U 113/09, 17 U 118/09, 17 U 12/10, 17 U 13/10
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil07.05.2010

Fehlende Aufklärung über Rückvergütungen – Bank ist bei Vertrieb von Medienfonds zu Schadensersatz verpflichtetRisiko von Verlusten der Anleger durch Bezeichnung als „Garantiefonds“ von Bank in erheblicher Weise verschleiert

Eine beratende Bank, die selbst Medienfonds vertreibt, haftet dem Anleger auf Schadensersatz haftet, wenn sie ihn nicht über ihr zufließende Rückvergütungen aufgeklärt hat und der Fonds im Prospekt unzutreffend als „Garantiefonds“ bezeichnet worden ist. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

Im zugrunde liegenden Fall erwarben die Kläger auf Empfehlung von Kundenberatern der beklagten Bank Komman­di­tanteile an zwei Medienfonds in unter­schied­licher, sich zwischen 25.000,- und 50.000,- € bewegender Höhe. Dafür erhielt die Bank ohne Wissen der Anleger von den Fonds eine auf die Zeichnungssumme bezogene Provision von mindestens 8,25 %. Auf den Deckblättern der Infor­ma­ti­o­ns­bro­schüren sowie der verwendeten Prospekte wurden die Fonds als „Garantiefonds“ bezeichnet. Weiter wurde in diesen Unterlagen als besonderer Vorteil herausgestellt die „Absicherung von 100 % bzw. von 115 % des Komman­di­tanteils mittels einer Schuldübernahme durch die X-Bank AG“. In der Prospektrubrik „Risiken“ war allerdings der Hinweis enthalten, dass es sich um eine unter­neh­me­rische Beteiligung handele, die im Extremfall zum Totalverlust des investierten Kapitals führen könne.

Schuldübernahme als „Kapita­l­rü­ck­zah­lungs­ga­rantie“ bezeichnet

In einem internen Schreiben an die „Fonds­mul­ti­pli­katoren“ und ihre Filialen, in dem die Beklagte das Betei­li­gungs­angebot erläuterte, wird die Schuldübernahme als „Kapita­l­rü­ck­zah­lungs­ga­rantie“ bezeichnet. Es handele sich um eine Konstruktion, die als Besonderheit dem Anleger die 100 prozentige Kapita­l­rü­ck­zahlung durch die X-Bank garantiere.

Anleger verlangen aufgrund fehlerhafter und unvollständiger Beratung Schadensersatz

Nachdem sich die wirtschaftliche Situation der Fonds­ge­sell­schaft negativ entwickelt hat, verlangen die Anleger von der Bank Schadensersatz. Sie machen geltend, die Anlageberatung sei fehlerhaft und unvollständig gewesen, insbesondere seien sie nicht über die Rückvergütungen aufgeklärt worden. Die Landgerichte Baden-Baden, Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim haben den Klagen im Wesentlichen stattgegeben. Die dagegen gerichteten Berufungen der beklagten Bank blieben weitgehend ohne Erfolg.

Aufklärung des Kunden zur Offenlegung des Inter­es­sen­kon­flikts der Bank zwingend notwendig

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hat die Beklagte ihre Beratungs­pflichten gegenüber den Anlegern schuldhaft verletzt. Diese könnten deshalb vollständigen Ersatz des von ihnen für den Anteilserwerb aufgewendeten Betrags verlangen. Die Provi­si­ons­zah­lungen des Fonds an die Bank stellten aufklä­rungs­pflichtige Rückvergütungen dar, die als Teil der von den Anlegern an die Fonds­ge­sell­schaft gezahlten Beträge hinter ihrem Rücken umsatzabhängig an die beklagte Bank zurückgeflossen seien, sodass diese ein für die Anleger nicht erkennbares besonderes Interesse gehabt habe, gerade diese Beteiligung zu empfehlen. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs zu Aktienfonds muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, den Kunden nicht nur darauf hinweisen, dass sie Rückvergütungen aus Ausga­be­auf­schlägen und Verwal­tungs­kosten von der Fonds­ge­sell­schaft erhält, sondern auch in welcher Höhe dies erfolgt. Diese Aufklärung ist notwendig, um den Kunden einen Interessenkonflikt der Bank offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen und zu beurteilen, ob sie ihm ein bestimmtes Produkt nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Diese Grundsätze gelten auch für Medienfonds.

Bank muss für Pflicht­ver­letzung eintreten

Das Gericht hält an der schon in zwei Entscheidungen im März 2009 vertretenen Auffassung fest, dass die beklagte Bank für diese Pflicht­ver­letzung auch einzutreten hat. Zum Zeitpunkt der Anlage­be­ra­tungen ab Ende 2003 konnte der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs bereits entnommen werden, dass eine Pflicht zur Aufklärung des Kunden über die ohne sein Wissen gewährten Rückvergütungen und den damit verbundenen Inter­es­sen­konflikt der Bank besteht.

Irreführender Bankenprospekt führt durch Verschleierung der bestehenden Risiken zur nachteiligen Beeinflussung der Entschei­dungs­bildung der Anleger

Die beklagte Bank hat nach Auffassung des Gerichts darüber hinaus ihre Pflicht verletzt, die Anleger über die mit der Beteiligung verbundenen Risiken vollständig und wahrheitsgemäß zu belehren. Der ihren Erläuterungen zugrunde liegende Prospekt sei irreführend und geeignet, die Entschei­dungs­bildung des Anlegers durch Verschleierung der bestehenden Risiken nachteilig zu beeinflussen. Durch die bereits auf dem Deckblatt herausgehobene und zumindest missver­ständliche Bezeichnung als „Garantiefonds“ werde der falsche Eindruck erweckt, der Anlagebetrag sei durch eine Garantie abgesichert. Die der rechtlichen Konstruktion zugrunde liegende Schuldübernahme betreffe aber nicht die Ansprüche der betroffenen Anleger, sondern nur Ansprüche des Fonds gegenüber dritten Vertrags­partnern. In Wahrheit konnte nämlich von einer Garantie für die Anleger keine Rede sein, sondern es bestand unstreitig das Risiko von Verlusten bis hin zu einem Totalverlust der Einlage, welches durch die Bezeichnung als „Garantiefonds“ in erheblicher Weise verschleiert wurde. Angesichts der plakativen Bezeichnung als „Garantiefonds“ einerseits und der nicht nur für einen Laien schwer verständlichen Erläuterung der Funktionsweise der Schuldübernahme innerhalb der komplizierten Fondskonzeption andererseits, lag ein Irrtum über den tatsächlichen Umfang der bestehenden Risiken nahe. Insbesondere lag es nahe, dass der an anderer Stelle im Prospekt gegebene Hinweis auf allgemein bestehende Verlustrisiken lediglich als theoretische, angesichts der Siche­rungs­me­cha­nismen aber gänzlich unwahr­scheinliche Möglichkeit missverstanden wird. Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hätte die beklagte Bank im Rahmen der Anlageberatung unmiss­ver­ständlich über die genannten Umstände aufklären müssen.

Quelle: ra-online, OLG Karlsruhe

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