15.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 2186

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil07.04.2006

Kein Schmerzensgeld für Rechtsanwalt, über den wegen Ermittlungen gegen seinen Sozius in örtlicher Presse berichtet wird

Ein Rechtsanwalt, über den in der örtlichen Presse wegen staats­an­walt­schaft­licher Ermittlungen gegen seinen Sozius berichtet worden war, erhält kein Schmerzensgeld.

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, führte gemeinsam mit seinem Sozius, Rechtsanwalt S. eine Kanzlei. Gegen S. und andere Personen ermittelte die Staats­an­walt­schaft wegen des Verdachts strafbarer Werbung und Betruges. Im Herbst 2004 kam es zu einer polizeilichen Durchsuchung der gemeinsamen Kanzlei, Sozius S. wurde vorübergehend in Unter­su­chungshaft genommen. Am Tag darauf erschien in der örtlichen Zeitung, die von dem Beklagten zu 1 verlegt wird, ein Artikel über diese Durchsuchung, darüber ein Foto, das den Kläger in der Kanzlei mit Kriminalbeamten zeigte. In dem Zeitungsartikel stand unter anderem, dass Spezialfahnder die Anwaltskanzlei K. & S. durchsucht hätten, im Bild Rechtsanwalt K., dessen Partner verhaftet worden sei, im Brennpunkt stünde das Rechts­an­waltsbüro K. & S., das Ermitt­lungs­ver­fahren laufe unter der Überschrift Betrugsverdacht, wie tief das Anwaltsbüro in die zweifelhaften Geschäfte der Branche verstrickt sei, müssten die weiteren Ermittlungen ergeben.

Der Kläger hat gegen die Beklagten - den Zeitungsverlag und den Chefredakteur - bereits einstweilige Verfügungen erwirkt, durch die ihnen die weitere Veröf­fent­lichung und Verbreitung des Fotos bzw. einzelner Äußerungen untersagt wurden. Durch ein Urteil des Landgerichts Offenburg wurde den Beklagten der Abdruck einer Gegen­dar­stellung des Klägers auferlegt. Durch Senatsurteil des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe vom 17.06.2005 war den Beklagten untersagt worden, die beanstandeten Äußerungen zu veröffentlichen und zu verbreiten, ohne gleichzeitig mitzuteilen, dass sich die strafrechtliche Ermittlungen nicht auch gegen den Kläger richten. Nunmehr begehrt der Kläger von den Beklagten eine Geldent­schä­digung in Höhe von mindestens 10.000 Euro. Das Landgericht Offenburg hat die Klage abgewiesen, die Berufung des Klägers zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - blieb ohne Erfolg.

Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldent­schä­digung besteht nicht. Eine durch Presse­ver­öf­fent­lichung bewirkte Verletzung des Persön­lich­keits­rechts kann zu einem u.a. gegen den Verleger und den Redakteur gerichteten Anspruch des Opfers auf Zahlung einer Geldent­schä­digung führen. Voraussetzung ist, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, wobei die Verant­wort­lichen ein schweres Verschulden trifft und die Beein­träch­tigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Zwar liegt eine Verletzung des Persön­lich­keits­rechts des Klägers vor, weil die Berich­t­er­stattung mit dem Bild beim unbefangenen Leser den Eindruck nahe legte, dass nicht nur der Sozius, sondern auch der Kläger selbst in das Ermitt­lungs­ver­fahren in Sachen "Gewinnspiel-Branche" einbezogen sei. Es erscheint aber schon zweifelhaft, ob die Verletzung des Persön­lich­keits­rechts als hinreichend schwer anzusehen ist. Die beanstandeten Äußerungen enthalten für sich gesehen keine unwahren Tatsa­chen­be­haup­tungen. Sie verletzen auch keine besondere Rechtssphäre des Klägers wie Geheim-, Intim- oder Privatsphäre. Auch die Veröf­fent­lichung des über dem Artikel angeordneten Bildes war für sich gesehen nicht rechtswidrig, weil er weder in seiner Wohnung noch in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum, sondern in seiner damals mit dem Sozius betriebenen, hell erleuchteten Anwaltskanzlei hinter einem vorhanglosen Fenster fotografiert worden war und er als langjähriger Vorsitzender einer großen Fraktion des Gemeinderats und Inhaber einer Rechts­an­walts­kanzlei, die auf Antrag der Mannheimer Schwerpunkt-Staats­an­walt­schaft für Wirtschafts­kri­mi­nalität im Rahmen einer spektakulären Aktion durchsucht wurde, eine relative Person der Zeitgeschichte ist. Der fehlende klarstellende Hinweis, dass sich das Ermitt­lungs­ver­fahren nicht auch gegen den Beklagten richtet, besagt nicht, dass die Beklagten vorsätzlich falsch berichtet haben. Die Staats­an­walt­schaft hatte ihnen ihre Frage, ob sich das Ermitt­lungs­ver­fahren auch gegen den Kläger richte, nicht beantwortet. Ihnen kann daher lediglich bewusste Fahrlässigkeit allenfalls bedingter Vorsatz, nicht aber ein schweres Verschulden vorgeworfen werden.

Es fehlt jedenfalls an einer substantiierten Darlegung schwerwiegender immaterieller und auf die inkriminierte Berich­t­er­stattung zurück­zu­füh­render Schadensfolgen. Darüber hinaus fehlt es auch an einem unabweisbaren Bedürfnis für die Zahlung einer Geldent­schä­digung. Dieser Anspruch soll dazu dienen, eine sonst verbleibende Lücke des Persön­lich­keits­schutzes zu schließen und ist gegenüber anderweitigen Ausgleichs­mög­lich­keiten subsidiär. Hier ist nicht dargetan, dass der Kläger durch das Weglassen des Hinweises, das gegen ihn nicht ermittelt wurde, in einem Maß belastet ist, dass trotz abgedruckter Gegen­dar­stellung eine künftige Unterlassung nicht genügen würde. Auch der Präven­ti­o­ns­gedanke kann im vorliegenden Fall nicht die Zahlung einer Geldent­schä­digung erfordern. Es ist nicht ersichtlich, dass durch den Abdruck des Bildes und die Erwähnung des Namens des Klägers samt beruflicher und politischer Funktion eine signifikante und dauerhafte Steigerung der verkauften Zeitungs­ex­emplare und damit auch der Attraktivität der Zeitung als Werbeträger erzielt worden ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 07.04.2006

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