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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil17.06.2005
Rechtsanwalt kann presserechtlich Unterlassung einer Berichterstattung verlangen, die ihn mit möglichen Straftaten seines Sozius in Verbindung bringt
Der Kläger K., ein Rechtsanwalt, führte gemeinsam mit seinem Sozius Rechtsanwalt S. eine Kanzlei. Gegen S. und andere Personen ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts strafbarer Werbung und Betruges. Im Herbst 2004 kam es zu einer polizeilichen Durchsuchung der gemeinsamen Kanzlei, Sozius S. wurde vorübergehend in Untersuchungshaft genommen. Am Tag darauf erschien in der örtlichen Zeitung, die von der Beklagten verlegt wird, ein Artikel über diese Durchsuchung, darüber ein Foto, das den Kläger in der Kanzlei mit Kriminalbeamten zeigte. In dem Zeitungsartikel stand unter anderem, dass Spezialfahnder die Anwaltskanzlei K. und S. durchsuchten, im Bild Rechtsanwalt K., dessen Partner verhaftet worden sei, im Brennpunkt stünde das Rechtsanwaltsbüro K. und S., das Ermittlungsverfahren laufe unter der Überschrift Betrugsverdacht, wie tief das Anwaltsbüro in die zweifelhaften Geschäfte der Branche verstrickt sei, müssten die weiteren Ermittlungen ergeben.
Das Landgericht hat der Beklagten diese Äußerungen auf Antrag des Klägers im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt. Die Berufung der Beklagten zum Oberlandesgericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - hatte nur teilweise Erfolg. Der Senat hat der Beklagten untersagt, im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Durchsuchung der Kanzlei und über die Verhaftung des Sozius diese Äußerungen zu veröffentlichen, ohne gleichzeitig mitzuteilen, dass sich die strafrechtlichen Ermittlungen nicht auch gegen den Kläger richten. Dieser klarstellende Hinweis fehlte aber hier. Die beanstandeten Äußerungen sind nur insoweit zu unterlassen, als sie geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, die zur Hausdurchsuchung führenden Ermittlungen hätten sich auch gegen den Kläger gerichtet. Die uneingeschränkte Unterlassung kann der Kläger nicht verlangen, weil die beanstandeten Äußerungen keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthalten und auch keine besondere Rechtssphäre des Klägers verletzen. Es kann offen bleiben, ob die Äußerungen den Leser zu dem Schluss zwingen, dass der Kläger selbst in das Ermittlungsverfahren einbezogen sei, für den Leser ist eine solche Schlussfolgerung aber sehr nahe liegend wegen der mehrfachen Nennung der Rechtsanwaltskanzlei, vor allem aber wegen des Bildes des Klägers über dem Artikel. Einer derartigen Herausstellung der Person des Klägers käme im Zusammenhang mit den Ereignissen ein Informationswert nur dann zu, wenn er selbst in den Gegenstand der Ermittlungen involviert wäre. Der unbefangene Durchschnittsleser eines seriösen Presseprodukts geht aber davon aus, dass dieses Blatt niemanden ohne Not an den Pranger stellt und so der Gefahr erheblicher Nachteile persönlicher und wirtschaftlicher Natur aussetzt.
Ist aber dieser nahe liegende Schluss falsch, so ist die Berichterstattung wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Weglassung eines klarstellenden Hinweises bewusst erfolgt ist. Davon ging der Senat hier aus. Unstreitig richtete sich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, über das in dem Artikel berichtet wurde, weder zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung gegen den Kläger. Dem Journalisten war nicht bestätigt worden, dass auch gegen den Kläger ermittelt werde.
Das Urteil ist rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.06.2005
Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 21.06.2005
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