14.11.2024
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Urteil17.06.2005Oberlandesgericht Karlsruhe14 U 16/05
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil17.06.2005

Rechtsanwalt kann presserechtlich Unterlassung einer Berich­t­er­stattung verlangen, die ihn mit möglichen Straftaten seines Sozius in Verbindung bringt

Der Kläger K., ein Rechtsanwalt, führte gemeinsam mit seinem Sozius Rechtsanwalt S. eine Kanzlei. Gegen S. und andere Personen ermittelte die Staats­an­walt­schaft wegen des Verdachts strafbarer Werbung und Betruges. Im Herbst 2004 kam es zu einer polizeilichen Durchsuchung der gemeinsamen Kanzlei, Sozius S. wurde vorübergehend in Unter­su­chungshaft genommen. Am Tag darauf erschien in der örtlichen Zeitung, die von der Beklagten verlegt wird, ein Artikel über diese Durchsuchung, darüber ein Foto, das den Kläger in der Kanzlei mit Kriminalbeamten zeigte. In dem Zeitungsartikel stand unter anderem, dass Spezialfahnder die Anwaltskanzlei K. und S. durchsuchten, im Bild Rechtsanwalt K., dessen Partner verhaftet worden sei, im Brennpunkt stünde das Rechts­an­waltsbüro K. und S., das Ermitt­lungs­ver­fahren laufe unter der Überschrift Betrugsverdacht, wie tief das Anwaltsbüro in die zweifelhaften Geschäfte der Branche verstrickt sei, müssten die weiteren Ermittlungen ergeben.

Das Landgericht hat der Beklagten diese Äußerungen auf Antrag des Klägers im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt. Die Berufung der Beklagten zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - hatte nur teilweise Erfolg. Der Senat hat der Beklagten untersagt, im Zusammenhang mit der Berich­t­er­stattung über die Durchsuchung der Kanzlei und über die Verhaftung des Sozius diese Äußerungen zu veröffentlichen, ohne gleichzeitig mitzuteilen, dass sich die straf­recht­lichen Ermittlungen nicht auch gegen den Kläger richten. Dieser klarstellende Hinweis fehlte aber hier. Die beanstandeten Äußerungen sind nur insoweit zu unterlassen, als sie geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, die zur Hausdurch­suchung führenden Ermittlungen hätten sich auch gegen den Kläger gerichtet. Die unein­ge­schränkte Unterlassung kann der Kläger nicht verlangen, weil die beanstandeten Äußerungen keine unwahren Tatsa­chen­be­haup­tungen enthalten und auch keine besondere Rechtssphäre des Klägers verletzen. Es kann offen bleiben, ob die Äußerungen den Leser zu dem Schluss zwingen, dass der Kläger selbst in das Ermitt­lungs­ver­fahren einbezogen sei, für den Leser ist eine solche Schluss­fol­gerung aber sehr nahe liegend wegen der mehrfachen Nennung der Rechts­an­walts­kanzlei, vor allem aber wegen des Bildes des Klägers über dem Artikel. Einer derartigen Herausstellung der Person des Klägers käme im Zusammenhang mit den Ereignissen ein Infor­ma­ti­o­nswert nur dann zu, wenn er selbst in den Gegenstand der Ermittlungen involviert wäre. Der unbefangene Durch­schnittsleser eines seriösen Presseprodukts geht aber davon aus, dass dieses Blatt niemanden ohne Not an den Pranger stellt und so der Gefahr erheblicher Nachteile persönlicher und wirtschaft­licher Natur aussetzt.

Ist aber dieser nahe liegende Schluss falsch, so ist die Berich­t­er­stattung wie eine unwahre Tatsa­chen­be­hauptung zu behandeln, wenn die Weglassung eines klarstellenden Hinweises bewusst erfolgt ist. Davon ging der Senat hier aus. Unstreitig richtete sich das Ermitt­lungs­ver­fahren der Staats­an­walt­schaft, über das in dem Artikel berichtet wurde, weder zum Zeitpunkt der Veröf­fent­lichung noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsa­chen­ver­handlung gegen den Kläger. Dem Journalisten war nicht bestätigt worden, dass auch gegen den Kläger ermittelt werde.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 21.06.2005

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