14.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss16.04.2007

Pachtvertrag über Land im Grenzgebiet mit Schweizer Landwirt aufgehobenVerpachtung an Nicht-Deutschen widerspricht dem Landpacht­ver­kehrs­gesetz

Schweizer Landwirte sind trotz Freizü­gig­keits­ab­kommen nicht den deutschen Landwirten gleichzustellen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

Die Verpächter S. und der Schweizer Landwirt F. schlossen im September 2005 einen Landpacht­vertrag über Ackerland auf der Gemarkung S. mit einer Fläche mit 2,05 ha. Als jährlicher Pachtzins wurden 410,00 Euro vereinbart. Der Pachtvertrag wurde dem Landratsamt Waldshut-Tiengen - Landwirt­schaftsamt - vorgelegt, das diesen Vertrag beanstandete und die Beteiligten aufforderte, ihn unverzüglich aufzuheben. Die Verpachtung an den Schweizer Landwirt stelle eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden dar, da zwei deutsche Voller­wer­bs­landwirte zur Anpachtung des Grundstücks zu ortsüblichen Preisen bereit seien. Auf den Antrag des Pächters auf gerichtliche Entscheidung hat das Landwirt­schafts­gericht Waldshut-Tiengen mit Beschluss vom 04.08.2006 den Pachtvertrag aufgehoben. Dagegen wendete sich der Pächter mit der sofortigen Beschwerde an das Oberlan­des­gericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - und rügte insbesondere, das Landwirt­schafts­gericht habe sich nicht damit auseinander gesetzt, ob das Landpacht­ver­kehrs­gesetz aufgrund der bilateralen Verträge mit der Schweiz überhaupt Anwendung finden könne. Nach dem Abkommen habe ein Schweizer haupt­be­ruf­licher Landwirt, der von seiner in der Schweiz gelegenen Hofstelle aus neben seinen in der Schweiz gelegenen Wirtschafts­flächen auch landwirt­schaftliche Grundstücke auf deutschem Hoheitsgebiet bewirtschafte, einen Anspruch darauf, dass ihm hinsichtlich des Zugangs zu einer selbständigen Erwer­b­s­tä­tigkeit und deren Ausübung im EU-Mitgliedsstaat Deutschland eine Behandlung gewährt werde, die nicht weniger günstig sei als die, die Deutschland seinen eigenen Staats­an­ge­hörigen gewähre.

Der 13. Zivilsenat - Senat für Landwirt­schafts­sachen - hat die Beschwerde zurückgewiesen. Die Verpachtung bedeutet eine ungesunde Verteilung von Bodennutzung, die in der Regel vorliegt, wenn die Verpachtung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Ein Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz ist bei der Anpachtung von Pachtflächen im Grenzgebiet nicht nach dem Perso­nen­frei­zü­gig­keits­ab­kommen wie ein inländischer Landwirt, sondern im Geltungsbereich des Landpacht­ver­kehrs­ge­setzes wie ein Nichtlandwirt zu behandeln. Der Gleich­be­hand­lungs­grundsatz in Artikel 15 des Anhangs dieses Abkommens gewährt nach seinem Wortlaut nur dem Selbständigen im Aufnahmestaat hinsichtlich des Zugangs zu einer selbständigen Erwer­b­s­tä­tigkeit und deren Ausübung eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die dem eigenen Staats­an­ge­hörigen gewährte Behandlung. Nach der vertraglichen Begriffs­de­fi­nition ist derjenige Selbständiger, der sich zwecks Ausübung einer selbständigen Erwer­b­s­tä­tigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei niederlässt. Ein Schweizer Landwirt mit Hofstelle in der Schweiz, der Pachtflächen in Deutschland bewirtschaftet, fällt mangels Nieder­las­sungs­willen nicht darunter. Auch der Ministerrat Baden-Württemberg teilt die vorläufige Bewertung der europäischen Kommission, dass die Rechte aus dem Perso­nen­frei­zü­gig­keits­ab­kommen nur für Schweizer Landwirte gelten, die sich zur Ausübung einer selbständigen landwirt­schaft­lichen Erwer­b­s­tä­tigkeit in einem Mitgliedsstaat der EU niederlassen. Da ein Schweizer Landwirt danach wie ein inländischer Nichtlandwirt zu behandeln ist, liegen die Voraussetzungen für eine Beanstandung und Aufhebung des Pachtvertrages vor. Es würde nämlich Maßnahmen zur Verbesserung der hier maßgeblichen deutschen Agrarstruktur zuwider laufen, wenn landwirt­schaftliche Grundstücke in deutschem Grenzgebiet der Nutzung deutscher Landwirte entzogen würden, die dieses Land dringend zur Schaffung und Erhaltung leistungs- und wettbe­wer­bs­fähiger Betriebe benötigen. Das Vorliegen eines dringenden Aufsto­ckungs­be­dürf­nisses der Pacht­in­ter­es­senten hat hier die Beweisaufnahme ergeben. Es reicht aus, dass die deutschen Landwirte in der Lage und bereit sind, einen Pachtzins zu zahlen, der in angemessenem Verhältnis zum nachhaltigen Ertrag bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung steht. Das ist hier der Fall. Soweit im Jahr 2005 eine Änderung des Landpacht­ver­kehrs­ge­setzes erfolgt ist, sind diese neuen Regelungen für den vorliegenden Fall nicht relevant, da das Landesgesetz erst nach Abschluss der entsprechenden Pachtverträge und der Versagung der Genehmigung in Kraft getreten ist.

Erläuterungen
aus dem Gesetz

§ 4 LPachtVG:

(1) Die zuständige Behörde kann einen anzuzeigenden Landpacht­vertrag... beanstanden, wenn

1. die Verpachtung eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung, insbesondere eine ungesunde Anhäufung von land- und forst- wirtschaft­lichen Nutzflächen, bedeutet, ...

(2) Eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 liegt in der Regel vor, wenn die Verpachtung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 03.05.2007

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