24.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil27.06.2013

Bei medizinscher Vertretbarkeit kann ärztliche Heilbehandlung auch bereits nach erster Untersuchung abgeschlossen seinOLG Karlsruhe zu den Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer Heilbehandlung durch die Zahn­zusatz­versicherung

Ist die Nicht­durch­führung einer zahnme­di­zi­nischen Behandlung aus ärztlicher Sicht gut vertretbar und wird diese dann zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund medizinischer Notwendigkeit dennoch durchgeführt, ist diese Heilbehandlung nicht als Fortsetzung einer früheren Behandlung anzusehen. Der Patient hat dann Anspruch auf anteilige Kostenübernahme aus einer zwischen­zeitlich abgeschlossenen Zahn­zusatz­versicherung. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall suchte der Kläger Mitte August 2008 seinen Zahnarzt auf, der eine Röntgenaufnahme anfertigte und im Anschluss auch eine PA-Behandlung durchführte. Bei den Untersuchungen wurde auch festgestellt, dass im Bereich anderer Zähne (15 bis 17) ein nicht idealer Gebisszustand mit teilin­suf­fi­zienter Brücken- bzw. Kronensituation vorhanden war. Der Kläger war diesbezüglich jedoch beschwerdefrei. Für die Neuanfertigung von Zahnersatz lag nach Auffassung des Zahnarztes kein akuter Behand­lungs­bedarf vor. Mit Wirkung zum November 2008 schloss der Kläger die Zahnzusatzversicherung ab. 2011 wurden dann beim Kläger Implantate an den Zähnen 15 bis 17 eingesetzt. Dafür wurden ihm rund 7.000 Euro in Rechnung gestellt, von denen er entsprechend seinem Versi­che­rungs­vertrag 80 % geltend macht.

LG verneint Anspruch auf Versi­che­rungs­schutz

Das Landgericht Karlsruhe hatte die Klage abgewiesen, da der Versi­che­rungsfall schon vor Beginn des Versi­che­rungs­schutzes eingetreten sei, schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abziele, gehörten zur Heilbehandlung.

Spätere Implan­tat­ver­sorgung stellt neuen Versi­che­rungsfall dar

Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat Erfolg, das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat das landge­richtliche Urteil aufgehoben und den Versicherer zur Zahlung verurteilt. Mit der Untersuchung der Zähne 15 bis 17 war die damalige Heilbehandlung insoweit beendet. Die spätere Implan­tat­ver­sorgung stellte einen neuen Versi­che­rungsfall dar. Der gerichtliche Sachverständige hat für August 2008 festgestellt, dass es ärztlicherseits gut vertretbar gewesen sei, von einer Behandlung abzusehen. Ebenso vertretbar sei es gewesen, der vorgefundenen Situation schon 2008 paradon­to­logisch, chirurgisch und prothetisch zu begegnen.

Früherer Verzicht auf ärztliche Heilbehandlung war aus medizinischer Sicht gut vertretbar

Die Frage der Behand­lungs­be­dürf­tigkeit bemisst sich nach objektiven Kriterien, wobei ein Entschei­dungs­spielraum für den Arzt eröffnet ist. Die Entscheidung, die Implan­tat­be­handlung im August 2008 nicht durchzuführen, war medizinisch gut vertretbar. Ist der Verzicht auf eine ärztliche Heilbehandlung aus medizinischer Sicht eine gut vertretbare Alternative, so ist die mit der Untersuchung begonnene Heilbehandlung auch wieder abgeschlossen. Der Kläger hat wegen der Situation an den Zähnen 15 bis 17 seinen Zahnarzt erst wieder aufgesucht, als im Jahre 2010 eine schmerzhafte Zyste zu Tage getreten war. Dies gab dann den Anlass für die Implan­tat­be­handlung. Diese ist damit erst nach Abschluss des Versi­che­rungs­vertrags und nach Ablauf der Wartezeit im Sinne einer Heilbehandlung notwendig geworden.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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