15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit einem Tablet, einer Kaffeetasse und einem Urteil.

Dokument-Nr. 1924

Drucken
Beschluss25.01.2006Oberlandesgericht Karlsruhe1 Ws 500/04
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss25.01.2006

Flach­bild­schirm­fern­seh­geräte im Strafvollzug nur eingeschränkt zulässig

Der in einer Haftanstalt in Baden-Württemberg befindliche Strafgefangene hatte beantragt, ihm die Genehmigung zum Ankauf eines Flach­bild­schirm­fern­seh­geräts der Marke P. zur Aufstellung in seinem Haftraum im Austausch mit seinem bisherigen Bildröhrengerät zu genehmigen, wobei er die Kosten hierfür von seinem Arbeitslohn erbringen wollte. Diesen Antrag hatte die Anstalt mit der Begründung abgelehnt, hierdurch werde die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt gefährdet.

Wie die Straf­voll­stre­ckungs­kammer zuvor hat auch der Senat die Aufstellung und Benutzung von Flach­bild­schirm­fern­seh­geräten im Strafvollzug auf Kosten eines Strafgefangenen als generell zulässig angesehen, jedoch hierfür erhebliche Einschränkungen vorgenommen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Röhrengeräten böten nämlich Fernseher mit Flach­bild­schirmen in weitaus höherem Umfang technische Möglichkeiten, welche die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt aufgrund ihrer vielfältigen Anwen­dungs­va­rianten gefährden könnten. Je nach Modell seien Anschluss- und Lesemög­lich­keiten verschiedener Speicherkarten, integrierte Multi­me­dia­kom­po­nenten wie DVD-Player oder DVD-Recorder, Modem, Browsersoftware mit potentiellem Internetzugang über Handy bei entsprechenden Schnittstellen sowie Abschalt- und Einschalt­ti­mer­funk­tionen vorhanden.

Diese abstrakte Missbrauchs­mög­lichkeit führe jedoch entgegen der Ansicht der Justizvollzugsanstalt nicht zum generellen Verbot der Benutzung von solchen Geräten, wenn dieser Gefahr durch Kontrollen ausreichend begegnet werden könne. So sei insbesondere zu prüfen, inwieweit ein solches Fernsehgerät als mögliches Versteck für verbotene Gegenstände dienen und inwieweit dessen auch zum Austausch von Informationen nutzbarer Multi­funk­ti­o­nalität durch Versiegelung bzw. Verplombung von Schnittstellen oder durch andere technische Maßnahmen wirksam begegnet werden könne. Darüber hinaus habe eine spezielle Sicher­heits­gruppe des Justizvollzugs mehrere auf dem Markt erhältliche Geräte als unbedenklich angesehen, da diese den allgemeinen Zulas­sungs­vor­schriften entsprächen und keine Missbrauchs­mög­lich­keiten erlaubten. Im Übrigen sei auch das vom Strafgefangenen begehrte Gerät der Marke P. zulässig, wenn dieses den allgemeinen Zulas­sungs­vor­schriften entspricht oder durch Vornahme technischer Maßnahmen die Möglichkeit von Manipulationen hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Dies habe die Justiz­voll­zugs­anstalt zu prüfen, wobei der Strafgefangene die hierfür anfallenden Kosten zu tragen habe.

Erläuterungen
Zur Rechtslage:

§ 69 StVollzG Hörfunk und Fernsehen

(1) Der Gefangene kann am Hörfunkprogramm der Anstalt sowie am gemein­schaft­lichen Fernsehempfang teilnehmen. Die Sendungen sind so auszuwählen, dass Wünsche und Bedürfnisse nach staats­bür­ger­licher Information, Bildung und Unterhaltung angemessen berücksichtigt werden. Der Hörfunk- und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrecht­er­haltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

(2) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden unter den Voraussetzungen des § 70 zugelassen.

§ 70 StVollzG Besitz von Gegenständen für die Freizeit­be­schäf­tigung

(1) Der Gefangene darf in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeit­be­schäf­tigung besitzen.

(2) Dies gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstands

1. mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder

2. das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde.

siehe auch

Keine Weihnachtsbäume im Strafvollzug

Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 17.02.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss1924

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI