15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24594

Drucken
Urteil24.06.2013Oberlandesgericht Karlsruhe1 U 136/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZV 2014, 404Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2014, Seite: 404
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landgericht Baden-Baden, Urteil26.06.2012, 3 O 148/10
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil24.06.2013

Geringfügiger Blechschaden aufgrund eines leichten Auffahrunfalls rechtfertigt kein Betreten einer AutobahnVerstoß gegen Betre­tungs­verbot begründet Mitverschulden an Unfallfolgen

Die Besichtigung eines geringfügigen Blechschadens nach einem leichten Auffahrunfall rechtfertigt nicht das Betreten einer Autobahn. Kommt es zu einem Unfall, kann dem Fußgänger wegen Verstoßes gegen das Betre­tungs­verbot gemäß § 18 Abs. 9 StVO ein Mitverschulden an den Unfallfolgen angelastet werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2007 kam es auf einer Autobahn im Rahmen eines verkehrs­be­dingten Staus zu einem leichten Auffahrunfall. Die beiden betroffenen Fahrzeuge blieben auf dem mittleren Fahrstreifen stehen, obwohl sie noch fahrbereit waren. Der 39-jährige Beifahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs versuchte die Polizei telefonisch zu erreichen und stieg dabei aus dem Fahrzeug aus, um den Schaden zu begutachten. Als er sich zwischen den beiden am Auffahrunfall beteiligten Wagen befand, fuhr ein anderes Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 145 - 160 km/h auf das hintere Fahrzeug auf. Der Beifahrer des ersten Fahrzeugs wurde daraufhin zwischen den Fahrzeugen eingequetscht und wurde anschließend über eine Entfernung von 17 Metern weggeschleudert. Er erlitt aufgrund des Unfalls ein Polytrauma mit zahlreichen schwerwiegenden und lebens­ge­fähr­lichen Verletzungen. Während des Kranken­haus­auf­enthalts kam es zu mehreren Komplikationen in Form eines Kreis­lauf­still­stands, einem akuten Nierenversagen, einer Blutvergiftung und einer Infektion mit Multi­o­r­gan­versagen. Das Unfallopfer musste sich mehreren Operationen unterziehen und ist aufgrund des Unfalls zu 100 % erwerbsunfähig und schwerbehindert. Er klagte daher gegen den Unfall­ve­r­ur­sacher und dessen Haftpflicht­ver­si­cherung auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Landgericht gibt Schmer­zens­geldklage teilweise statt

Das Landgericht Baden-Baden gab der Schmer­zens­geldklage nur zum Teil statt, da es dem Kläger ein Mitverschulden an den Unfallfolgen in Höhe von 30 % vorwarf. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejaht Mitverschulden in Höhe von 20 %

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers und hob dementsprechend die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger sei ein Mitverschulden nur in Höhe von 20 % vorzuwerfen. Denn er habe gegen das Verbot, als Fußgänger die Autobahn zu betreten (§ 18 Abs. 9 StVO), verstoßen.

Verstoß gegen Verbot der Betretung einer Autobahn

Die Fahrbahn einer Autobahn dürfe nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts im Hinblick auf die damit verbundenen erheblichen Gefahren nur ganz ausnahmsweise, insbesondere in Notfällen zur Hilfeleistung (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 StVO, § 323 c StGB), betreten werden. Ein solcher Notfall sei angesichts des geringen Sachschadens durch den ersten Auffahrunfall nicht gegeben gewesen. Ein Aussteigen zur Besichtigung eines geringfügigen Blechschadens rechtfertige in der Regel keine Ausnahme vom Betre­tungs­verbot. Dies gelte vor allem in Anbetracht der für Leib oder Leben hervorgerufenen Gefahr. Zwar könne eine Ausnahme bestehen, wenn sich ein Unfall innerhalb eines längeren Staus ereignet habe und das Auffahren eines anderen Fahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit nicht drohe. So habe der Fall hier hingegen nicht gelegen.

Schmerzensgeld von 250.000 Euro und monatliche Rente von 250 Euro

Angesichts der erlittenen Unfallfolgen und unter Berück­sich­tigung des Mitverschuldens hielt das Oberlan­des­gericht ein Schmer­zens­geld­kapital in Höhe von 250.000 Euro und eine Schmer­zens­geldrente in Höhe von 250 Euro monatlich für angemessen.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24594

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI