Oberlandesgericht Hamm Urteil01.10.2012
Sparkasse darf keinen Erbschein verlangenErbe nach deutschem Recht nicht zwingend zur Vorlage eines Erbscheins verpflichtet
Ein Kreditinstitut darf vom Erben eines verstorbenen Kunden nicht verlangen, dass er seine Erbberechtigung mit einem Erbschein nachweist. Der Erbe muss die Möglichkeit haben, den Nachweis auch durch andere geeignete Dokumente zu erbringen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Sparkasse auf einen Erbschein bestanden, obwohl die Kundin durch einen notariell beglaubigten Erbvertrag und das amtliche Protokoll der Testamentseröffnung nachweisen konnte, dass sie die rechtmäßige Erbin ist. Dadurch entstanden ihr unnötige Kosten für die Ausstellung des Erbscheins durch das Nachlassgericht.
Unangemessene Benachteiligung für Kunden durch Forderung eines Erbscheins
Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass die Sparkasse nach ihren Geschäftsbedingungen berechtigt war, den Erbschein zu fordern. Doch diese Klauseln sind unzulässig, weil sie den Kunden unangemessen benachteiligen. Nach deutschem Recht sei ein Erbe nicht verpflichtet, einen Erbschein vorzulegen. Er könne seine Berechtigung auch auf andere Weise nachweisen. Davon wichen die Klauseln in unzulässiger Weise ab. Sie räumten der Sparkasse ein freies Wahlrecht ein, ob sie einen Erbschein verlangt oder sich mit einem beglaubigten Testament oder Erbvertrag begnügt. Die Richter monierten, dass auch wenn das Erbrecht gar nicht zweifelhaft oder durch andere Dokumente nachgewiesen sei, die Sparkasse auf den Erbschein bestehen könne. Zudem könne sie den Erbschein nach dem Wortlaut der Klauseln auch dann verlangen, wenn das Konto nur ein geringes Guthaben aufweist und die Kosten für den Erbschein dazu in keinem Verhältnis stehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.10.2012
Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband/ra-online