01.11.2024
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Dokument-Nr. 14633

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Beschluss27.04.2011Oberlandesgericht HammI-20 U 10/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2011, 1480Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2011, Seite: 1480
  • VersR 2011, 1386Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2011, Seite: 1386
  • zfs 2011, 633Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2011, Seite: 633
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Beschluss27.04.2011

Sex-Würgespiele sind ungewöhnliche und gefährliche BeschäftigungenKeine Einstands­pflicht des Haftpflicht­ver­si­cherers

Das wiederholte Zuziehen eines um den Hals der Partnerin gelegten Gürtels zur sexuellen Befriedigung erfüllt den Risiko­aus­schluss der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung". Eine Einstands­pflicht des Haftpflicht­ver­si­cherers wird somit nicht begründet. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Zur sexuellen Befriedigung legte der Kläger seiner Partnerin einen Gürtel um den Hals. Er zog diesen immer wieder zu und führte die Partnerin wie einen Hund hinter sich her. Dies geschah über einen Zeitraum von mehr als fünf Minuten. Die Partnerin wurde daraufhin bewusstlos. Aufgrund der Bewusst­lo­sigkeit erlitt sie unter anderem eine Schädelprellung, eine akute Belas­tungs­re­aktion, eine depressive Episode mit psycho­so­ma­tischen Symptomen und eine partielle Lähmung der Stimmlippen. Das Amtsgericht Gelsenkirchen verurteilte den Kläger aufgrund des Vorfalls wegen fahrlässiger Körper­ver­letzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 € sowie zu einem Schmerzensgeld von 2.500 €. Den Gesamt­s­cha­dens­betrag machte der Kläger gegenüber seiner privaten Haftpflicht­ver­si­cherung klageweise geltend. Die Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass vom Versi­che­rungs­schutz "Versi­che­rungs­ansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben" sowie "Gefahren […] einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" ausgenommen sei. Das Landgericht Essen wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung lag vor

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied gegen den Kläger. Eine Einstands­pflicht der Beklagten habe wegen des Vorliegens des Ausnah­me­tat­be­standes der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung nicht bestanden. Vom Versi­che­rungs­schutz seien lediglich Gefahren des täglichen Lebens gedeckt. Nicht gedeckt seien jedoch solche Tätigkeiten, die wegen der mit ihr verbundenen Gefahren von einem durch­schnittlich verständigen Versi­che­rungs­nehmer vernünf­ti­gerweise nicht mehr ausgeübt werden. So habe es sich hier verhalten.

Merkmal der Ungewöhn­lichkeit

Vom Standpunkt des Durch­schnitts­bürgers aus betrachtet, seien die vorgenommenen Handlungen des Klägers als ungewöhnlich anzusehen. Bei einem solchen Vorgehen sei die Grenze zur Lebens­be­droh­lichkeit überschritten, was jedem durch­schnittlich verständigen Versi­che­rungs­nehmer einleuchten müsse. Das Merkmal der Ungewöhn­lichkeit habe somit vorgelegen.

Merkmal der Gefährlichkeit

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts sei die Beschäftigung auch gefährlich gewesen. Dass das Zuziehen eines um den Hals gelegten Gürtels zur Erzielung von Luftnot und Verbunden mit einem Hinterherziehen der Partnerin objektiv gefährlich sei, liege auf der Hand.

Merkmal der Beschäftigung

Das Merkmal der Beschäftigung habe ebenfalls vorgelegen, so das Oberlan­des­gericht weiter. Es setze nach seinem Wortlaut eine gewisse nicht notwendige längere Dauer voraus. Eine impulsive und spontane Handlung werde vom Wortlaut jedenfalls nicht erfasst. Das Verhalten des Klägers sei hier aber über eine gewisse Dauer erfolgt.

Keine Vorsätzliche Herbeiführung des Versi­che­rungsfalls

Schließlich sah das Oberlan­des­gericht in dem Verhalten des Klägers keinen Vorsatz zur Herbeiführung des Versi­che­rungsfalls. Denn der Vorsatz müsse sich nicht nur auf die Verlet­zungs­handlung beziehen, sondern auch auf die Verlet­zungs­folgen. Es sei hier aber nicht ersichtlich gewesen, dass der Kläger die Bewusst­lo­sigkeit der Partnerin einschließlich der dadurch bedingten Verlet­zungs­folgen vorsätzlich herbeiführen wollte.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Gelsenkirchen, welches eine vorsätzliche Begehung ausschloss und Fahrlässigkeit annahm, sei dabei unbeachtlich gewesen. Das Zivilgericht sei nämlich nicht an die Feststellungen in einem Strafverfahren gebunden.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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