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Oberlandesgericht Hamm Beschluss15.05.2012

OLG Hamm: Keine Besorgnis der Befangenheit bei "Duzen" aufgrund gemeinsamer Herkunft"Duzen" kein Indiz für nahe persönliche Beziehung

"Duzt" der Richter einen Beteiligten eines Rechtstreits, so macht er sich nicht der Befangenheit schuldig, wenn das "Duzen" auf die gemeinsame Herkunft aus einem kleinen Ortsteil zurückzuführen ist. Das "Duzen" allein stellt jedenfalls kein Indiz für eine problematische nahe persönliche Beziehung dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde der Richter eines Zivilprozesses von der Klägerseite wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Hintergrund der Ablehnung war, dass sich der Richter und ein Vorstands­mitglied der Beklagten im Alltag "duzten". Des Weiteren führte die Klägerseite weitere Umstände an, die eine persönliche Nähe zwischen dem Richter und dem Vorstands­vor­sit­zenden begründen sollten.

Besorgnis der Befangenheit bei Misstrauen gegen Unpar­tei­lichkeit des Richters

Das Oberlan­des­gericht Hamm führte zunächst aus, dass ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit nur abgelehnt werden könne, wenn ein Grund vorliege, der geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 42 ZPO). Abzustellen sei dabei nicht auf die Befürchtungen einer Partei, sondern auf die Sicht einer vernünftig und besonnen handelnden Person.

Fehlende Unvor­ein­ge­nom­menheit bei nahen persönlichen Beziehungen

Nahe persönliche Beziehungen eines Richters zu einer Partei können Zweifel an der Unvor­ein­ge­nom­menheit des Richters erwecken, so das Oberlan­des­gericht weiter. Dies sei jedoch für jeden Einzelfall zu prüfen. Regelmäßig genüge eine bloße Bekanntschaft oder eine lockere Freundschaft nicht aus. Demgegenüber könne eine über das übliche Maß persönliche oder kollegiale Bekanntschaft hinausgehende freund­schaftliche Beziehung oder eine enge Freundschaft Zweifel an der Unpar­tei­lichkeit begründen.

Näheverhältnis lag nicht vor

Aus Sicht der Richter habe die Klägerseite Tatsachen, die ein Näheverhältnis haben, begründen können, nicht vorgetragen. Vielmehr habe der Richter in seiner dienstlichen Äußerung erklärt, zum Vorstands­mitglied der Beklagten keine freund­schaft­lichen oder geschäftlichen Beziehungen zu unterhalten. Zweifel an der Richtigkeit der Äußerung haben nicht vorgelegen. Bloße Unterstellungen und schlichte Mutmaßungen genügen jedenfalls nicht zur Annahme eines Nähever­hält­nisses. Daher habe eine Besorgnis der Befangenheit nicht vorgelegen.

"Duzen" im Alltag begründete kein Näheverhältnis

Dass sich der Richter und das Vorstands­mitglied im Alltag "geduzt" haben, habe nach Auffassung des Gerichts ein Näheverhältnis nicht begründen können. Denn aufgrund der gemeinsamen Herkunft aus einem kleinen Ortsteil mit einer überschaubaren Einwohnerzahl habe sich, die im Kinder- oder Jugendzeiten begründete vertrauliche Anrede, fortgeführt. Sie sei daher nicht geeignet gewesen Zweifel an der Unvor­ein­ge­nom­menheit und Unpar­tei­lichkeit zu erwecken.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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