Oberlandesgericht Hamm Urteil03.02.2015
"Rudelführen" von Hunden löst Verkehrssicherungspflichten ausAusführen mehrerer Hunde aus Gefälligkeit setzt erhöhte Sorgfalt des Hundeführers voraus
Wer aus Gefälligkeit mehrere Hunde gleichzeitig ausführt ("Rudelführen"), hat alle Hunde so zu beaufsichtigen, dass sie fremde Menschen nicht gefährden. Verletzt der Hundeführer diese Verkehrssicherungspflicht, weil einer der Hunde an einer fremden Person hochspringt und diese verletzt, haftet er auf Schadensersatz. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und änderte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Dortmund ab.
Im zugrunde liegenden Streitfall begegneten sich die ie 22 Jahre alte Klägerin aus Lünen und die Beklagte aus Hohen Neuendorf (Brandenburg) im April 2013 beim Spazierengehen im Lünen-Brambauer. Die Beklagte führte drei angeleinte Hunde aus, neben ihrem eigenen Schäferhund aus Gefälligkeit einen Boxermischling und den Cane Corso eines Bekannten. Der Cane Corso sprang die Klägerin überraschend an, als die Klägerin die Beklagte mit den Hunden passieren wollte. Die Klägerin erlitt Schürfwunden und unter ihrem Auge eine kleinere blutende Gesichtsverletzung, die unter Narbenbildung verheilte. Von der Beklagten verlangte sie daraufhin ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro.
"Rudelführung" erhöht die an den Hundeführer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen
Die Schadensersatzklage der Klägerin war erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm sprach der Klägerin für die erlittenen Verletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zu. Die Beklagte hafte aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Wer aus Gefälligkeit Hunde ausführe, müsse die Tiere so halten, dass von den Hunden keine Gefahr für Leben und/oder Gesundheit von Menschen ausgehe, denen sie beim Ausführen begegneten. In Bezug auf den großen Hund Cane Corso habe die Beklagte zwar der im Landeshundegesetz Nordrhein-Westfalen geregelten Leinenpflicht genügt. Sie habe den Hund aber dennoch nicht so geführt, dass er nicht von sich aus die Klägerin habe anspringen und verletzen können. Hierzu sei es nicht ausreichend gewesen, wenn die Beklagte - ihrer Einlassung entsprechend - den Hund eng bei sich gehalten habe. Vielmehr habe die Beklagte ein Hochspringen des Hundes durch einen hinreichend sicheren Griff von vornherein vermeiden müssen, dies auch deswegen, weil ihr - wie sie selbst eingeräumt habe - bekannt gewesen sei, dass der Hund zum Schmusen schon einmal an Personen hochzuspringen und ihnen die Pfoten auf die Schultern zu legen pflegte. Dass die Beklagte zugleich zwei weitere Hunde an Leinen geführt habe, entlaste sie nicht. Eine derartige "Rudelführung" sei im vorliegenden Fall zwar nicht verboten gewesen, steigere aber das Gefährdungspotential für Dritte und könne deswegen die an den Hundeführer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen erhöhen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.05.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online