23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil07.06.2016

OLG Hamm zur Haftung bei Grabenunfall nach Begegnung wankender TreckergespanneErhöhte Sorgfalts­anforderungen an Fahrweisen auf schmalen Straßen

Begegnen sich zwei Treckergespanne mit einer Breite von 2,85 m und 3,03 m auf einer 5,8 m breiten Straße und führt der Fahrer eines Gespanns ein Ausweichmanöver durch, bei dem sein Gespann in den Graben fährt, kann auch der Fahrer des anderen Gespanns für den Unfall mitver­ant­wortlich sein. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld.

Im zugrunde liegenden Streitfall begegneten sich im August 2012 auf der 5,8 m breiten Straße der vom Sohn des Klägers gesteuerte Traktor mit angehängtem, 3,03 m breiten Grubber sowie der vom Beklagten gesteuerte Traktor mit angehängtem, 2,85 m breiten Fasswagen zum Transport von Gülle. Das klägerische Gespann fuhr ca. 35-40 km/h, das des Beklagten ca. 30 km/h. Als die Fahrzeuge mit diesen Geschwin­dig­keiten etwa auf gleicher Höhe waren, lenkte der Sohn des Klägers sein Gespann auf den rechtsseitigen Grünstreifen. Er geriet mit dem rechten Reifen des Traktors in eine mit Gras bewachsene Bodenmulde, so dass das Gespann auf die Seite kippte.

LG setzt unfal­lur­sächliche Betriebsgefahr mit je 50 % fest

Vom Beklagten und seinem Pflicht­ver­si­cherer verlangte der Kläger ca. 26.300 Euro Schadensersatz, 75 % des ihm insgesamt entstandenen Sachschadens. Das Landgericht Bielefeld hat in erster Instanz die von beiden Fahrzeugen ausgehende, unfal­lur­sächliche Betriebsgefahr mit gleichem Anteil berücksichtigt und dem Kläger ca. 17.500 Euro Schadensersatz zugesprochen.

OLG bestätigt Entscheidung des LG

Die mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegte Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat die Haftung der Beteiligten mit der vom Landgericht ausgeurteilten Haftungsquote im Ergebnis bestätigt. Die Haftung eines am Unfallgeschehen beteiligten Fahrzeugs komme auch dann in Betracht, wenn das Fahrzeug ein anderes unfall­be­tei­ligtes Fahrzeug nicht berührt habe, so das Oberlan­des­gericht. Allerdings reiche die bloße Anwesenheit eines Fahrzeugs an der Unfallstelle nicht aus. Das Fahrzeug müsse vielmehr durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrs­be­ein­flussung zu dem Schaden beigetragen haben. Das könne zum Beispiel der Fall sein, wenn es einen Geschädigten zu einem Ausweichmanöver veranlasse.

Vorzunehmende Abwägung beiderseitiger Verur­sa­chungs­beiträge rechtfertigt Haftungs­ver­teilung zu gleichen Anteilen

Ausgehend hiervon habe sich der Verkehrsunfall beim Betrieb des vom Beklagten gesteuerten Traktors ereignet. Der Sohn des Klägers sei bei der beiderseitigen Annäherung dem Gespann des Beklagten ausgewichen. Ohne Belang sei insoweit, ob der Sohn des Klägers zuvor auf andere Weise auf den im Gegenverkehr entge­gen­kom­menden Beklagten habe reagieren können.

Fahrweise beider Treckergespanne war unangemessen

Die in Bezug auf die konkrete Unfallsituation vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verur­sa­chungs­beiträge rechtfertige eine Haftungs­ver­teilung zu gleichen Anteilen. Aufgrund der Breite beider Gespanne habe keiner der Fahrer davon ausgehen können, den anderen unter alleiniger Nutzung der Fahrbahnbreite passieren zu können. Selbst unter Inanspruchnahme der 20 cm breiten Bankette sei ein Anein­an­der­vor­bei­fahren aufgrund der seitlichen Wankbewegungen der Gespanne nicht problemlos möglich gewesen. Beide Fahrzeugführer hätten daher ihre Geschwindigkeit deutlich, gegebenenfalls bis zur Schritt­ge­schwin­digkeit reduzieren und notfalls anhalten müssen, um - eventuell nach vorheriger Verständigung - ein gefahrloses Passieren zu ermöglichen. Diesen erhöhten Sorgfalts­an­for­de­rungen habe keiner Rechnung getragen. Ihre Fahrweise sei unangemessen gewesen, insbesondere im Hinblick auf die von beiden Fahrzeugführern eingeräumten und bei ihrer Begegnung nicht weiter reduzierten Geschwin­dig­keiten von ca. 35-40 km/h auf Kläger- und ca. 30 km/h auf Beklagtenseite. Bei derartigen Geschwin­dig­keiten sei eine sachgerechte Reaktion auf das Verhalten des entge­gen­kom­menden Gespanns nicht möglich gewesen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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