15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 21679

Drucken
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil22.05.2015

"Eingeschränkte" Verkehrs­sicherungs­pflichten: Gefahren durch Glättebildung beim winterlichen Betrieb eines Selbst­bedienungs­wasch­platzes für Kunden bekanntKunden müssen auf mögliche Glatteisbildung nicht gesondert hingewiesen werden

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat entschieden, dass es allgemein bekannt ist, dass es beim winterlichen Betrieb eines Selbst­bedienungs­wasch­platzes durch betriebsbedingt verspritztes Wasser zu einer - mit vertretbarem Aufwand - nicht zu verhindernden Glättebildung kommen kann. Kunden müssen auf diese Gefahr deswegen nicht hingewiesen werden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin, eine Pkw-Fahrerin aus Stadtlohn, suchte im Februar 2013 bei Temperaturen im Bereich des Gefrierpunktes die nahe liegende Selbst­be­dienungs-Autowaschanlage des beklagten Betreibers auf, um dort ihr Fahrzeug selbst zu waschen. Nachdem sie ihr Auto mittels einer Waschbürste gereinigt hatte, stürzte sie auf dem Weg zu einem Mülleimer ca. 1 m vor ihrem Fahrzeug, nach ihrer Darstellung, weil beim Reinigen verlaufenes Waschwasser zwischen­zeitlich an einzelnen Stellen gefroren war. Die Klägerin erlitt Frakturen an einem Lendenwirbel und der linken Hand und musste operativ versorgt werden. Vom Beklagten hat sie unter dem Gesichtspunkt einer Verkehrssicherungspflichtverletzung Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 Euro sowie ca. 4.500 Euro für materielle Schäden.

Gefahr überfrierenden Waschwassers bei SB-Waschanlage vorhersehbar

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Oberlan­des­gericht Hamm konnte aufgrund der konkreten Umstände keine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung des Beklagten feststellen. Zwar treffe den Betreiber einer Waschanlage grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf betrie­bs­be­dingte Gefahrenquellen, an deren Erfüllung insbesondere im Winter erhöhte Anforderungen zu stellen seien. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch die Besonderheit, dass der Beklagte einen Waschplatz in Selbstbedienung unterhalten habe und dass eine Glatteisbildung nicht durch Regen oder Schnee, sondern durch überfrierendes Waschwasser infrage stehe. Die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht des Beklagten gehe nicht so weit, dass er bei fortlaufender Nutzung des Waschplatzes und winterlichen Temperaturen während oder nach jeder SB-Wäsche Maßnahmen zur Verhinderung stellenweiser Blitzeisbildung zu treffen habe, sofern solche überhaupt erfolg­ver­sprechend zu veranlassen seien. Wer sich bei winterlichen Temperaturen entscheide, seinen Pkw auf einem SB-Waschplatz gegen Zahlung eines geringen Entgelts (50 Cent) selbst zu reinigen, wisse, dass vom Betreiber lediglich die Wasch­platz­nutzung, aber gerade kein darüber hinausgehendes Service geboten werde und aus wirtschaft­lichen Gründen auch nicht geboten werden könne. Deswegen sei insbesondere nicht mit der Anwesenheit von Personal zu rechnen. Ein Kunde wisse zudem, dass bei SB-Wäschen Wasser im Bereich der Waschboxen verspritze und dass dieses Wasser bei niedrigen Temperaturen gefrieren könne. Bei dieser Situation liege die Gefahr überfrierenden Waschwassers auf der Hand, so dass ein Betreiber die Kunden auf diese Umstände auch nicht hinzuweisen habe. Die Klägerin habe mit der Gefah­ren­si­tuation rechnen müssen und die Gefahrenstelle selbst erkennen können.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil21679

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI