18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss05.11.2013

Siche­rungs­partner haftet umfassend bei schwerem Kletterunfall: Siche­rungs­partner löste fahrlässig die SeilbremseSchwere Regel­ver­let­zungen begründen auch bei Sportarten mit erheblicher Gefährdungs- und Verlet­zungs­gefahr eine Haftung

Stürzt eine im so genannten "Tope-Rope"-Verfahren gesicherte Kletterin ab, weil ihr Siche­rungs­partner die Seilbremse gelöst hat, ohne zuvor das Kommando "Stand" erhalten zu haben, schuldet der Siche­rungs­partner aufgrund seines regelwidrigen Verhaltens umfassenden Schadensersatz. Auf eine Haftungs­beschränkung oder einen Haftungs­aus­schluss kann er sich nicht berufen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Bochum.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die seinerzeit 40jährige Klägerin aus Bochum verunfallte im Juni 2011 beim Klettern in einem Klettergarten in Hattingen. Beim Erklettern einer Wand sicherte der Beklagte aus Bochum die Klägerin mit einem Sicherungsseil im so genannten "Top-Rope"-Verfahren. Bei diesem Verfahren ist das Klettergeschirr am Sicherungsseil angebracht, das Seil verläuft vom Kletterer über einen oben an der Wand befestigten Umlenker zu dem unten stehenden Siche­rungs­partner. Als die Klägerin bis zum Umlenker geklettert war, löste der Beklagte die Seilbremse, ohne dass die Klägerin zuvor das in der Kletterpraxis übliche Kommando "Stand" gerufen hatte. Die ungesicherte Klägerin stürzte aus ca. 15 Metern Höhe zu Boden und verletzte sich schwer. Sie erlitt Frakturen an Rippen und Wirbelsäule und Quetschungen innerer Organe. Vom Beklagten hat sie die Feststellung seiner umfassenden Schaden­s­er­satz­pflicht verlangt.

Verletzungen wurden durch fahrlässiges Verhalten des Siche­rungs­partners verursacht

Das Landgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben, eine Entscheidung, die das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigt hat. Der Beklagte hafte, weil die Klägerin durch sein fahrlässiges Verhalten verletzt worden sei. Er habe die Seilbremse gelöst, ohne dass die Klägerin zuvor das in der Kletterpraxis der hierfür vorgesehene Kommando "Stand" gegeben habe. Auf einen Haftungs­aus­schluss oder eine Beschränkung der Haftung auf erhebliche Regel­ver­let­zungen, wie er z. T. bei sportlichen Kampfspielen oder Wettkämpfen angenommen werde, könne sich der Beklagte nicht berufen. Insoweit sei bereits zweifelhaft, ob beim Klettern mit wechselseitiger Absicherung eine vergleichbare Gefah­ren­si­tuation bestehe. Jedenfalls bestehe keine Situation, in der die Beteiligten unter Einhaltung bestimmter Regeln ihre Kräfte messen und sich in der sportlichen Interaktion gewissen Verlet­zungs­risiken aussetzten. Es bestehe vielmehr eine strikte Aufga­ben­ver­teilung, bei der sich der Kletternde auf das Klettern und der Sichernde auf die Sicherung des Kletternden konzentrieren könnten. Im Übrigen seien die Risiken beim Klettern in einem Kletterpark gewollt, vorhersehbar und durch die grundsätzlich vorhandene Absicherung kontrollierbar. Außerdem habe der Beklagte den Sturz der Klägerin durch eine gewichtige Regelverletzung verursacht, das begründe auch bei Sportarten mit einer erheblichen Gefährdungs- und Verlet­zungs­gefahr eine Haftung.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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