23.11.2024
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Dokument-Nr. 24643

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Oberlandesgericht Hamm Urteil19.06.2017

OLG zur vereinbarten Altersgrenze im DienstvertragAltersgrenze von 60 Jahren kann als Kündigungsgrund vereinbart werden

Eine Regelung im Dienstvertrag, wonach der Geschäftsführer einer GmbH beim Erreichen eines Alters von 60 Jahren ordentlich gekündigt werden kann, verstößt nicht gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG), wenn ihm nach dem Ausscheiden eine betriebliche Alters­ver­sorgung zusteht. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Im vorliegenden Fall war der im März1955 geborene Kläger seit 2005 als Vorsitzender der Geschäfts­führung für die Beklagte tätig. Die Beklagte ist ein Werkstoff­her­steller mit dem Sitz im Märkischen Kreis. Der von den Parteien vereinbarte Dienstvertrag war bis zum 31.08.2018 befristet. Er sah in § 7 Abs. 3 eine Regelung vor, nach welcher beide Vertrags­parteien den Vertrag beim Eintritt des Klägers in das 61. Lebensjahr mit einer sechsmonatigen Frist zum Jahresende ordentlich kündigen konnten. 2015 rief die Gesell­schaf­ter­ver­sammlung der Beklagten den Kläger als Geschäftsführer ab. Im Juni 2016 sprach sie die Kündigung des Dienstvertrages zum 31.12.2016 aus. Diese Kündigung hat der Kläger für unberechtigt gehalten, unter anderem mit der Begründung, dass ihn die Regelung in § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages aus Altersgründen diskriminiere und deswegen mit dem AGG nicht vereinbar sei.

Feststel­lungs­be­gehren auf Unwirksamkeit der Kündigung erfolglos

Die vom Kläger erhobene Klage, mit der er die Feststellung begehrt hat, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung unwirksam sei und den Dienstvertrag der Parteien nicht zum 31.12.2016 beendet habe, ist erfolglos geblieben. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung für gerechtfertigt gehalten.

Regelung verstößt nicht gegen AGG

Die Möglichkeit dieser Kündigung hätten die Parteien im Dienstvertrag wirksam vereinbart. Die Regelung in § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages verstoße nicht gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz.

Anwendung auf GmbH-Fremd­ge­schäfts­führer höchst­rich­terlich noch nicht geklärt

Dabei könne offenbleiben, ob das AGG im Falle einer Vertrags­be­en­digung auf einen GmbH-Fremd­ge­schäfts­führer anzuwenden sei. Zwar gebe es insoweit keinen besonderen, das AGG verdrängenden Kündi­gungs­schutz. Höchst­rich­terlich sei jedoch noch nicht geklärt, ob das AGG Organe juristischer Personen als Arbeitnehmer generell schütze. Aber selbst wenn man dies zu Gunsten des Klägers annehme, sei die Klausel wirksam.

Altersgrenze unterhalb gesetzlichen Renten­ein­tritt­s­alters bei Erhalt einer betrieblichen Alters­ver­sorgung mit AGG vereinbar

Zwar benachteilige die Regelung den Kläger, weil sie das Kündigungsrecht der Beklagten an sein Alter knüpfe. Diese Regelung sei aber nach § 10 Satz 1 und 2 AGG zulässig. Das Gericht vertrete die Rechts­auf­fassung, dass die Vereinbarung einer Altersgrenze unterhalb des gesetzlichen Renten­ein­tritt­s­alters für GmbH-Geschäftsführer jedenfalls dann grundsätzlich zulässig sei, wenn gewährleistet sei, dass dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Alters­ver­sorgung zustehe. Das Anfor­de­rungs­profil für Unter­neh­mens­leiter sei regelmäßig besonders hoch. Deswegen könne sich aus betriebs- und unter­neh­mens­be­zogenen Interessen ein Bedürfnis für die Vereinbarung einer Altersgrenze ergeben, die unter dem gesetzlichen Renten­ein­tritt­salter liege. Ein Unternehmen könne zudem ein legitimes Interesse daran haben, frühzeitig einen Nachfolger in der Unter­neh­mens­leitung zu installieren. Erhalte dann ein aufgrund der Altersklausel vorzeitig ausscheidender Geschäftsführer sofort eine betriebliche Alters­ver­sorgung, sei seinen Interessen an einer sozialen Absicherung Rechnung getragen. Unter diesen Voraussetzungen sei daher eine vereinbarte Altersgrenze, die deutlich unterhalb des gesetzlichen Renten­ein­tritt­s­alters liege, als mit dem AGG vereinbar anzusehen.

Geringe Höhe der betrieblichen Alters­ver­sorgung im Vergleich zur Geschäfts­füh­rer­ver­gütung hinzunehmen

Im vorliegenden Fall stehe dem Kläger ab dem Zeitpunkt seines vorzeitigen Ausscheidens eine betriebliche Alters­ver­sorgung zu. Zudem werde er hinsichtlich seiner Alters­ver­sorgung durch die Beklagte so gestellt, als wenn er erst zum Ablauf der regulären Vertrags­laufzeit ausgeschieden wäre. Die im Verhältnis zur ursprünglichen Vergütung geringere Höhe der betrieblichen Alters­ver­sorgung müsse der Kläger hinnehmen. Dass sich die Höhe der betrieblichen Alters­ver­sorgung maßgeblich nach der Dauer der Tätigkeit für das jeweilige Unternehmen richte, entspreche allgemeinen Grundsätzen. Die betriebliche Alters­ver­sorgung des Klägers gewährleiste zudem eine hinreichende soziale Absicherung.

Vertrags­kün­digung wirksam

Die Beklagte habe von der Kündi­gungs­mög­lichkeit in § 7 Abs. 3 des Dienstvertrages wirksam Gebrauch gemacht und den Vertrag zum 31.12.2016 beendet.

Erläuterungen

Das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG) enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benach­tei­li­gungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 6 Persönlicher Anwen­dungs­bereich

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1. Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeitnehmer...

Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis sowie die Personen, deren Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis beendet ist....

§ 7 Benach­tei­li­gungs­verbot

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benach­tei­li­gungs­verbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam....

§ 10 Zulässige unter­schiedliche Behandlung wegen des Alters

Ungeachtet des § 8 ist eine unter­schiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. ...

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ ra-online

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