21.11.2024
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Dokument-Nr. 25476

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Beschluss04.01.2018Oberlandesgericht Hamm4 Ws 196/17 und 197/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2018, 529Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2018, Seite: 529
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss04.01.2018

Verdacht des Verstoßes gegen Zahlungs­dienste­aufsichts­gesetz beim Handel mit Kryptowährung "OneCoin" rechtfertigt Anordnung eines ZahlungsarrestsBegründete Annahme zum Vorliegen der Voraussetzungen für Einziehung von Wertersatz für Arrestanordnung ausreichend

Gegen eine Gesellschaft, die Zahlungsdienste ohne die nach dem Zahlungs­dienste­aufsichts­gesetz (ZAG) erforderliche Erlaubnis ausgeführt haben soll und gegen deren Geschäfts­führerin deswegen ein begründeter Straf­tat­verdacht besteht, kann ein Vermögensarrest in Höhe der Beträge verhängt werden, die die Gesellschaft im Zusammenhang mit den unerlaubten Geschäften erlangt haben soll und die im Falle einer späteren straf­recht­lichen Verurteilung der Einziehung unterliegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Die Beschuldigte des zugrunde liegenden Verfahrens ist Geschäfts­führerin der beschwer­de­füh­renden Gesellschaft aus Greven. Der Beschuldigten wird zur Last gelegt, mit der Gesellschaft nach dem ZAG erlaub­nis­pflichtige Zahlungen ohne die erforderliche Erlaubnis der zuständigen Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) ausgeführt und sich damit gemäß § 31 Abs. 1 Ziff. 2 ZAG strafbar gemacht zu haben. Als Geschäfts­führerin der Gesellschaft soll sie im Auftrag eines Unternehmens, welches die Kryptowährung "OneCoin" vertreibt, Kaufpreis­zah­lungen von Kunden des Unternehmens auf Konten der Gesellschaft vereinnahmt und - aufgrund einer Absprache mit dem Unternehmen - unverzüglich auf andere, zum Teil außer­eu­ro­päische Unter­neh­mens­konten weitergeleitet haben. Für diese Dienstleistung soll die Gesellschaft eine Provision in Höhe von 1 % der weiter­ge­leiteten Zahlungen erhalten haben. In der Zeit von Dezember 2015 bis August 2016 sollen auf diese Weise über 350 Millionen Euro Kundengelder transferiert worden sein, aus denen der beschwer­de­füh­renden Gesellschaft jedenfalls 2.966.972 Euro Provi­si­ons­zah­lungen zugeflossen sein sollen.

AG ordnet Zahlungsarrest an

Aufgrund der vorstehend beschriebenen Verdachts­momente hat das Amtsgericht Münster - einen dringenden Tatverdacht gegen die Beschuldigte zugrunde legend - einen dinglichen Arrest in Höhe von 2.966.972 Euro in das Vermögen der beschwer­de­füh­renden Gesellschaft angeordnet. Die Gesellschaft habe, so das Amtsgericht, im Falle einer Verurteilung der Beschuldigten voraussichtlich Wertersatz in dieser Höhe für die erlangten Vermö­gens­vorteile aus den - mangels Erlaubnis - verbotenen Geschäften zu leisten. Auf die Beschwerde der Gesellschaft hat das Landgericht Münster die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Amtsgerichts Münster bestätigt.

OLG bestätigt Rechtmäßigkeit der Arrestanordnung

Das Oberlan­des­gericht Hamm verwarf die weitere Beschwerde der Gesellschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts Münster als unbegründet. Die Arrestanordnung sei gerechtfertigt, so das Gericht. Sie sei nach dem aktuell geltenden Verfahrensrecht zu beurteilen. Nach diesem genüge bereits die begründete Annahme dafür, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorlägen, um den nunmehr als "Vermögensarrest" bezeichneten dinglichen Arrest anzuordnen.

Erlaubnis der BaFin für Trans­ak­ti­o­ns­ge­schäfte lag zum Tatzeitpunkt nicht vor

Ungeachtet dessen gebe es im vorliegenden Fall auch dringende Gründe für die Annahme, dass die beschlagnahmten Gelder als Wertersatz der Einziehung unterliegen könnten. Die Voraussetzungen hierfür hätten die Vorinstanzen zutreffend bejaht. Die beschwer­de­führende Gesellschaft, für welche die Beschuldigte als Geschäfts­führerin gehandelt habe, sei als Zahlungs­dienst­leisterin im Sinne des ZAG tätig geworden. Insoweit genüge, dass sie Bar- und Buchgeld auf ihren Konten entge­gen­ge­nommen und anschließend auf Konten des sie beauftragenden Unternehmens, der Verkäuferin der Kryptowährung, weitergeleitet habe. Eine Erlaubnis der BaFin für diese Trans­ak­ti­o­ns­ge­schäfte habe zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegen.

Spätere Zulassung der Gesellschaft als Zahlungs­dienst­leister unerheblich

Unerheblich sei insoweit, dass die beschwer­de­führende Gesellschaft zwischen­zeitlich einen Zulas­sungs­antrag als Zahlungs­dienst­leister gestellt habe. Das Landgericht habe in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, dass (dringende) Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieser Antrag jedenfalls zur Tatzeit nicht geneh­mi­gungsfähig gewesen wäre. In diesem Fall materiell rechtswidrig erbrachter Zahlungs­dienst­leis­tungen unterliege die beschlagnahmte Summe auch dann der Einziehung, wenn die beschwer­de­führende Gesellschaft später als Zahlungs­dienst­leister zugelassen werde.

Hinweis zur Rechtslage:

1. § 31 Abs. 1 Ziff. 2 ZAG - Straf­vor­schriften - in der zur Tatzeit gültigen Fassung lautet: "Wer [...] (Ziff.) 2. ohne Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Zahlungsdienste erbringt, [...] wird [...] in den Fällen der Nummern 1, 2 und 2a mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft."

2. Der Arrest bewirkt eine vorläufige Sicherung. Ob der Geldbetrag, auf den sich der Arrest erstreckt, tatsächlich (endgültig) eingezogen wird, wird ggf. im Rahmen des Hauptverfahrens zu klären und zu entscheiden sein.

3. Weitere Informationen zur Kryptowährung "OneCoin" können der Internetseite der BaFin www.bafin.de entnommen werden.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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