18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil23.05.2013

Überwälzung der Rücksendekosten nach Wider­rufs­ausübung im Versandhandel muss vertraglich vereinbart werdenVertragliche Vereinbarung zur Kosten­über­wälzung muss gesondert von Wider­rufs­be­lehrung erfolgen

Ein Versandhändler kann die Kosten der Rücksendung auf den Verbraucher überwälzen. Dies erfordert jedoch eine vertragliche Vereinbarung. Eine solche liegt aber nicht vor, wenn die Kosten­über­wälzung allein in einer entsprechenden Klausel in der Wider­rufs­be­lehrung erwähnt wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Online-Versandhändler für Elektro­nik­zubehör gab in seiner Widerrufsbelehrung für Verbraucher unter anderem folgendes an: "Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurück­ge­sendeten Sache einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertragliche vereinbarte Teilzahlung erbracht haben." Die Wider­rufs­be­lehrung endete mit den Worten "Ende der Wider­rufs­be­lehrung". Daran anschließend folgte ein mit "Kosten der Rücksendung im Fall eines Widerrufs" überschriebener Text, der inhaltsgleich mit der entsprechenden Klausel in der Wider­rufs­be­lehrung war. Ein Mitbewerber sah in der Kosten­über­wälzung einen Wettbe­wer­bs­verstoß, da es seiner Meinung nach an einer vertraglichen Vereinbarung zur teilweisen Abwälzung der Rücksendekosten fehlte. Er klagte daher auf Unterlassung. Nachdem das Landgericht Bochum der Klage stattgab, legte der beklagte Online-Versandhändler Berufung ein.

Kein Anspruch auf Unterlassung

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Beklagten. Dem klägerischen Mitbewerber habe kein Anspruch auf Unterlassung nach § 8 UWG zugestanden. Denn in der Verwendung der beanstandeten Klausel zur Überwälzung der Rücksendekosten sei keine unlautere geschäftliche Handlung und damit ein Wettbe­wer­bs­verstoß zu sehen gewesen.

Unlautere geschäftliche Handlung bei Verstoß gegen Markt­ver­hal­tens­regeln

Eine unlautere geschäftliche Handlung werde begangen, so das Oberlan­des­gericht weiter, wenn gegen eine gesetzliche Vorschrift zuwider­ge­handelt wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG). Solche Markt­ver­hal­tens­regeln seien die Verbrau­cher­schutz­vor­schriften zur Infor­ma­ti­o­ns­pflicht über die Folgen des Widerrufs (§ 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB). Eine Folge des Widerrufs sei beispielsweise die grundsätzliche Kosten­tra­gungs­pflicht des Versandhändlers für die Rücksendung (§ 357 Abs. 2 BGB). Eine Überwälzung der Kosten auf den Verbraucher sei aber zulässig, wenn sie vertraglich vereinbart ist (§ 357 Abs. 2 Satz 3 BGB). Ein Verstoß gegen eine Markt­ver­hal­tensregel könne also angenommen werden, wenn der Versandhändler seine Infor­ma­ti­o­ns­pflichten verletzt, etwa wenn eine vertragliche Vereinbarung zur Kosten­über­wälzung nicht besteht. In einem solchen Fall wäre die Wider­rufs­be­lehrung nämlich unrichtig.

Keine vertragliche Vereinbarung zur Kosten­über­wälzung durch Text der Wider­rufs­be­lehrung

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts habe der Text der Wider­rufs­be­lehrung, der auf die Kosten­über­wälzung hinwies, keine vertragliche Vereinbarung dargestellt. Zwar genüge für eine wirksame Vereinbarung zur Kosten­über­wälzung im Rahmen des Online-Versandhandels eine entsprechende Klausel in den AGB oder im Rahmen der allgemeinen Informationen über die Vertrags­be­din­gungen. Die Klausel müsse dann jedoch für sich stehen und dürfe nicht allein in der Belehrung zu den Widerrufsfolgen stehen. Denn mit der Belehrung wolle der Versandhändler lediglich seiner Infor­ma­ti­o­ns­pflicht nachkommen. Eine vertragliche Vereinbarung sei darin nicht zu sehen.

Erwähnung der Kostentragung unter gesonderter Rubrik begründete vertragliche Vereinbarung

Der Beklagte habe hier jedoch die Kostentragung in einer weiteren Rubrik erwähnt und damit nach Einschätzung des Oberlan­des­ge­richts eine vertragliche Vereinbarung geschaffen. Zwar sei es richtig, dass die doppelte Erwähnung der Kosten­über­nah­me­pflicht der Rücksendung nicht ausreicht, wenn die Klausel einmal in der Wider­rufs­be­lehrung und das andere Mal in einer Bestimmung der AGB erfolgt, die sich erneut mit den Widerrufsfolgen befasst und die der Verbraucher nur als eine gleichlautende Wiederholung der zuvor erfolgten Wider­rufs­be­lehrung ansieht. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen.

Vereinbarung zur Kostenübernahme erfolgte unabhängig der Wider­rufs­be­lehrung

Die Vereinbarung zur Kostenübernahme sei hier nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts erkennbar unabhängig von der Wider­rufs­be­lehrung und den gesetzlichen Widerrufsfolgen erfolgt. Nach dem "Ende der Wider­rufs­be­lehrung" sei ersichtlich und für sich allein um die "Kosten der Rücksendung im Fall eines Widerrufs" gegangen. Diese als Geschäfts­be­dingung formulierte Regelung habe nicht die Widerrufsfolgen im Ganzen wiederholt. Vielmehr sei es dort allein um die Rücksendekosten gegangen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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