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- Landgericht Essen, Urteil16.07.2015, 43 O 62/15
Oberlandesgericht Hamm Urteil15.09.2015
Hohes Kostenrisiko einer umfangreichen Abmahntätigkeit begründet deren RechtsmissbräuchlichkeitEigenkapital des Abmahnenden durch Kostenrisiko fast nahezu aufgebraucht
Wird das Eigenkapital eines Abmahnenden durch das Kostenrisiko der umfangreichen Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche nahezu aufgebraucht, so begründet dies die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahntätigkeit. Denn es ist anzunehmen, dass die Abmahnung in diesem Fall allein oder zumindest überwiegend der Erzielung von Einnahmen dient. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen, dass sich unter anderem auf den Vertrieb von Briefkästen spezialisiert hatte, ging gerichtlich gegen den Hersteller eines Briefkastens vor. Hintergrund dessen war, dass sich auf der Verkaufsverpackung des Briefkastens ein Aufdruck mit der Aufschrift "geprüfte Qualität" befand. Nach Ansicht des klägerischen Unternehmens sei dies wettbewerbswidrig gewesen. Nachdem sich das zuständige Gericht in einem Hinweis vom Juni 2015 der Ansicht des Klägers anschloss, setzte sich der Kläger zugleich mit seinen Anwälten in Verbindung. Diese erhielten den Auftrag mindestens 50 Unternehmen, die den beanstandeten Briefkasten verkauften, abzumahnen. Ende Juni 2015 gingen daraufhin 43 Abmahnungen heraus, ohne dass zu diesem Zeitpunkt strafbewehrte Unterlassungserklärungen der Abgemahnten vorlagen und in dem Verfahren gegen den Briefkastenhersteller ein Urteil fiel. Bis Anfang August 2015 erhöhten sich die Abmahnungen auf 71. Einer der abgemahnten Mitbewerber hielt das Vorgehen des Klägers für rechtsmissbräuchlich und wehrte sich gegen die Abmahnung. Nachdem das Landgericht Essen dies nicht so sah, musste sich das Oberlandesgericht Hamm mit dem Fall beschäftigen.
Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Abmahntätigkeit
Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Mitbewerbers. Die Abmahntätigkeit des Klägers sei als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG anzusehen gewesen. Zwar könne eine umfangreiche Abmahntätigkeit allein keinen Missbrauch begründen. Anders sei der Fall aber zu beurteilen, wenn sich die Abmahntätigkeit derart verselbständigt habe, das sie in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu der gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden stehe. Dies sei hier der Fall gewesen.
Abmahntätigkeit steht außer Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Klägers
Die Abmahntätigkeit habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts außer Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Klägers gestanden, weil die umfangreiche Geltendmachung der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche ein hohes Kostenrisiko beinhaltet habe. Der Kläger habe innerhalb von sieben Tagen 43 Abmahnungen ausgesprochen. Dies habe angesichts der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie den möglichen Gerichtskosten ein Kostenrisiko in Höhe von fast 300.000 Euro in sich geborgen. Diese Summe habe das Eigenkapital des Klägers in Höhe von fast 300.000 Euro nahezu aufgezehrt. Zudem habe das Kostenrisiko ca. das 50-fache des erzielten Jahresgewinns betragen.
Einnahmenerzielung steht im Vordergrund
Ein vernünftig handelnder Kaufmann in der wirtschaftlichen Situation des Klägers hätte sein Kostenrisiko durch ein gestaffeltes und zeitlich gestrecktes Vorgehen minimiert und nicht eine umfangeiche Abmahntätigkeit innerhalb kürzester Zeit entfaltet, so das Oberlandesgericht. Das Vorgehen des Klägers habe dafür gesprochen, dass allein oder zumindest überwiegend die Abmahntätigkeit der Einnahmenerzielung gedient habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)
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