21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil12.09.2016

Kastration eines Hengstes mit tödlichem Ausgang - Tierarzt haftet wegen Verletzung der Aufklä­rungs­pflichtVersäumnis der Aufklärung über grundsätzlich zur Verfügung stehende Kastra­ti­o­ns­me­thoden führt zur Haftung des Tierarztes

Ein Tierarzt verletzt seine vertragliche Aufklä­rungs­pflicht, wenn er dem Eigentümer eines Hengstes vor einer beabsichtigten Kastration nicht umfassend über die zur Verfügung stehenden Kastra­ti­o­ns­me­thoden und deren unter­schiedliche Risiken aufklärt. Er handelt zudem behandlungs­fehlerhaft, wenn er bei einer im Liegen durchgeführten Kastration keine durch Transfixation abgesicherte beidseitige Ligatur vornimmt. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Münster.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Herbst 2013 beauftragte die Klägerin aus Hörstel den beklagten Tierarzt aus Ibbenbüren mit der Kastration ihres Hengstes "Apache". Dieser entstammte der iberischen Rasse und war von der Klägerin wenige Wochen zuvor für 5.000 Euro in Spanien erworbenen worden. Bei dem im Oktober 2013 in Vollnarkose am liegenden Pferd durchgeführten Eingriff kam es zu Komplikationen, in deren Folge das Tier in die Tierklinik nach Telgte verlegt werden musste. Hier wurde es operativ versorgt. Nach aufgetretener Myopathie und einem Multi­o­r­gan­versagen konnte es nicht in den Stand verbracht werden und musste eingeschläfert werden. Die Klägerin hat den Beklagten hierfür verantwortlich gemacht und behauptet, der Beklagte habe sie über die Risiken des Eingriffs unzureichend aufgeklärt und den Eingriff selbst behand­lungs­feh­lerhaft ausgeführt. Sie hat von ihm Schadensersatz verlangt, insbesondere Wertersatz in Höhe des aufgewandten Kaufpreises und die Erstattung der von für die Tierklinik aufgewandten Kosten von ca. 3.000 Euro.

OLG bejaht Schaden­s­er­satz­an­spruch

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren der Klägerin war weitgehend erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm sprach der Klägerin ca. 8.000 Euro als Wertersatz für das Pferd und als Ersatz für die an die Tierklinik gezahlten Behand­lungs­kosten zu und stellte darüber hinaus fest, dass sie die Tiera­rzt­rechnung des Beklagten in Höhe von ca. 500 Euro nicht bezahlen muss.

Im Liegen durchgeführte Kastration entsprach nicht medizinischem Standard

Der Beklagte hafte für eine fehlerhafte Erfüllung des tierärztlichen Behand­lungs­ver­trages, so das Gericht. Er habe die ihm der Klägerin gegenüber obliegende Aufklärungspflicht verletzt, weil er es versäumt habe, die Klägerin über die grundsätzlich zur Verfügung stehenden Kastra­ti­o­ns­me­thoden - Eingriff im Stehen oder im Liegen - und deren unter­schiedliche Risiken, u.a. das bei der Rasse erhöhte Myopathierisiko, aufzuklären. Außerdem habe die schließlich im Liegen durchgeführt Kastration nicht dem medizinischen Standard entsprochen. Die gebotene Ligatur habe der Beklagte nur an einer Seite und nicht beidseitig vorgenommen und sie zudem nicht durch eine Transfixation abgesichert. Damit habe er die Risiken einer Blutung oder Darmeinklemmung beim späteren Aufstehen des Pferdes nicht ausgeschlossen und das Abrutschen der Ligatur, das später in der Tierklinik festgestellt worden sei, nicht verhindert. Die dargestellten Fehler seien als grob fehlerhafte Behandlung zu werten. Sie seien geeignet gewesen, den späteren Tod des Pferdes herbeizuführen. Deswegen greife zugunsten der Klägerin eine Beweis­la­st­umkehr, so dass der fehlerhaften Behandlung des Beklagten auch der spätere Tod des Pferdes zuzurechnen sei.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Hamm/ra-online

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