18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil20.02.2017

Veröf­fent­lichung eines intimen Fotos ohne Genehmigung rechtfertigt Schmer­zens­geldan­spruch7.000 Euro Schmerzensgeld aufgrund gesund­heit­licher Schäden nach Fotover­öf­fent­lichung

Veröffentlicht ein Mann ein Foto, das ihn mit einer Frau beim Oralverkehr zeigt, ohne Zustimmung der Frau im Internet und erleidet die Frau deswegen einen gesund­heit­lichen Schaden, dann kann ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 Euro zustehen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

Im vorliegenden Fall führten Parteien eine Liebesbeziehung. 2011 fertigte der Beklagte mit seinem Handy ein Foto, das das Paar beim privaten Oralverkehr zeigt und auf dem die Klägerin zu erkennen ist. Dieses Foto stellte er nach Beendigung der Beziehung 2013 auf eine Internetplattform, die allgemein einsehbar ist und von Freunden und Bekannten des Paares besucht wurde. Es verbreitete sich daraufhin - ohne Zutun des Beklagten - insbesondere über soziale Netzwerke des Internets. Wenige Tage nach dem Einstellen erfuhr die Klägerin von der Veröffentlichung des Fotos. Sie forderte den Beklagten auf, das Foto zu entfernen, was dieser umgehend tat. Später löschte er auch sein Profil auf der Inter­net­plattform.

Psychische Erkrankung durch Veröf­fent­lichung festgestellt

Im vorliegenden Zivilprozess wurde festgestellt, dass die Klägerin durch die Veröf­fent­lichung einen gesund­heit­lichen Schaden in Form sich sukzessiv über mehrere Jahre erstreckende, psychische Erkrankungen erlitten hat. Vom Beklagten hat sie Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro.

OLG bestätigt Anspruch auf Schmerzensgeld

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat der Klägerin zum Ausgleich ihres immateriellen Schadens ein Schmerzensgeld von 7.000 Euro zugesprochen (und zugleich den vom Landgericht ausgeurteilten Schmer­zens­geld­betrag von 20.000 Euro reduziert).

Medizinische Sachverständige bestätigt Gesund­heits­schaden

Der Beklagte habe der Klägerin einen Gesund­heits­schaden zugefügt, indem er das die Klägerin abbildende intime Foto ohne ihre Zustimmung im Internet veröffentlicht habe. Hierdurch habe die Klägerin verschiedene, sich sukzessiv über mehrere Jahre erstreckende, auch schwere psychische Erkrankungen erlitten. Ihren Gesund­heits­schaden und auch dessen Verursachung durch den Beklagten habe die vom Gericht angehörte medizinische Sachverständige überzeugend bestätigt.

Schmerzensgeld von 7.000 Euro angemessen

Die Höhe des Schmer­zens­geldes sei - mit Blick auf die Schwere der Verletzungen und ihre Folgen sowie auf das Verschulden des Schädigers - im Rahmen einer durch­zu­füh­renden Gesamtabwägung mit 7.000 Euro zu bemessen gewesen. Zu berücksichtigen seien die von der Klägerin erlittenen psychischen Erkrankungen und die Auswirkungen auf ihre Lebens­ge­staltung. Die Klägerin habe sich längere Zeit zurückgezogen, die Öffentlichkeit gescheut und sich zunächst nicht in der Lage gesehen, eine Berufs­aus­bildung zu beginnen. Hinzu komme, dass die Bildver­öf­fent­lichung zu einer massiven Bloßstellung der aufgrund ihres jungen Alters besonders verletzlichen Klägerin gegenüber einer unüber­schaubaren Anzahl von Personen, u.a. aus ihrem nahen Umfeld, geführt habe. Auch wenn der Beklagte das Foto schon nach kurzer Zeit von seinem Internetprofil gelöscht habe, hätten es (vorhersehbar) dritte Personen bereits entdeckt und heruntergeladen. Die Verbreitung des Fotos sei unkon­trol­lierbar gewesen.

Reue des Beklagten zu berücksichtigen

Demgegenüber sei ebenfalls zu berücksichtigen, dass der sein Tun bereuende Beklagte das Bild - vermutlich stark alkoholisiert - im Zuge einer unreflektierten Spontanhandlung ins Internet hochgeladen habe, offenbar - wohl auch im Hinblick auf sein junges Alter - ohne die weitreichenden Folgen seines Handelns zu überdenken.

Nach Wohnortwechsel übermäßige Konfrontation mit Foto nicht zu erwarten

Außerdem sei aufgrund des mittlerweile erfolgten Schul­ab­schlusses und des Wohnortwechsels der Klägerin nicht mehr zu erwarten, dass die Klägerin künftig weiterhin massiv mit dem Foto konfrontiert werde. Nach ihren eigenen Angaben sei das derzeit jedenfalls nicht der Fall. Schließlich sei es überwiegend wahrscheinlich, dass das das Foto ursprünglich im Einvernehmen der Parteien gefertigt worden sei. Die gesamten Umstände rechtfertigten das vom Gericht zuerkannte Schmerzensgeld von 7.000 Euro.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ ra-online

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