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Oberlandesgericht Hamm Beschluss27.01.2015
Rechtsmissbräuchlich herbeigeführte Verjährung verhindert nicht die Verfolgung einer OrdnungswidrigkeitVerhinderte ordnungsgemäße Zustellung eines Bußgeldbescheides durch Verstoß gegen das Meldegesetz führt nicht zu Verfolgungsverjährung
Eine wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit verfolgte Betroffene kann sich nicht auf den Eintritt der Verfolgungsverjährung berufen, wenn sie die ordnungsgemäße Zustellung des Bußgeldbescheides in nicht verjährter Zeit rechtsmissbräuchlich verhindert hat. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und verwarf damit die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Gütersloh.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die heute 40 Jahre alte Betroffene aus Berlin befuhr mit ihrem Pkw BMW im August 2013 die Münsterlandstraße in Gütersloh. Die dort auf 70 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit überschritt sie um 42 km/h. Wegen dieser Ordnungswidrigkeit übersandte die Bußgeldbehörde der Betroffenen einen Anhörungsbogen, den die Behörde an die Anschrift der Eltern der Betroffenen in Harsewinkel übermittelte. Dort war die Betroffene seinerzeit noch gemeldet, obwohl sie bereits seit 2010 in Berlin wohnte. Aufgrund des Anhörungsschreibens meldete sich im September 2013 ein Verteidiger der Betroffenen zu den Akten. Im Oktober 2013 erließ die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid, der der Betroffenen unter der Anschrift ihrer Eltern in Harsewinkel im Wege der Ersatzzustellung zugestellt wurde. Eine Abschrift des Bußgeldbescheides erhielt ihr Verteidiger, der noch im Oktober 2013 Einspruch einlegte. Im Verlauf des weiteren Verfahrens wandte die Betroffene Verfolgungsverjährung ein, weil ihr der Bußgeldbescheid nicht vor Ablauf der nach der Anhörung beginnenden dreimonatigen Verjährungsfrist ordnungsgemäß zugestellt worden sei.
AG verhängt Bußgeld und Fahrverbot
Das Amtsgericht Gütersloh verurteilte die Betroffene - unter Berücksichtigung einschlägiger Vorbelastungen - wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 280 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot.
OLG verneint Verfolgungsverjährung aufgrund rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Betroffenen
Die von der Betroffenen unter Hinweis auf die Verjährung gegen das Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde blieb jedoch erfolglos. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Verurteilung der Betroffenen bestätigt. Verfolgungsverjährung sei - so das Oberlandesgericht - nicht eingetreten. Zwar sei die Ersatzzustellung des Bußgeldbescheides unter der Anschrift der Eltern der Betroffenen unwirksam gewesen, weil die Ersatzzustellung voraussetze, dass der Betroffene an dem Ort der Zustellung tatsächlich wohne. Auf die fehlerhafte Ersatzzustellung und die deswegen abgelaufene dreimonatige Verjährungsfrist könne sich die Betroffene aber nicht berufen, weil sie sich rechtsmissbräuchlich verhalten habe.
Bekanntgabe des tatsächlichen Wohnsitzes wurde bewusst unterlassen
Zwar habe die Betroffene im vorliegenden Verfahren der Bußgeldbehörde gegenüber nicht aktiv den Anschein erweckt, dass sie an ihrer Meldeanschrift im Harsewinkel tatsächlich noch wohne. Die anwaltlich beratene Betroffene habe es aber im Hinblick auf die von ihr als möglicherweise fehlerhaft erkannte Ersatzzustellung bewusst unterlassen, der Bußgeldbehörde ihren tatsächlichen Wohnsitz zu offenbaren. Sie habe auf diese Weise eine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides verhindern wollen, damit Verfolgungsverjährung eintrete könne.
Bereits unterlassene Ummeldung stellt ordnungswidriges Verhalten dar
Bei der Bewertung des Verhaltens der Betroffenen sei zu berücksichtigen, dass sie sich bereits durch die unterlassene Ummeldung ordnungswidrig verhalten habe. Zudem solle die vom Gesetzgeber mit drei Monaten bemessene Verjährungsfrist zwischen der Anhörung und der Zustellung des Bußgeldbescheides eine Bußgeldbehörde dazu anhalten, einen Bußgeldbescheid im laufenden Verfahren zügig zuzustellen, nachdem die Behörde einen Betroffenen angehört habe. Diesen gesetzgeberischen Zweck habe die Bußgeldbehörde im vorliegenden Fall beachtet. Das von ihr an die Anschrift in Harsewinkel versandte Anhörungsschreiben habe die Betroffene erhalten. Auch den Bußgeldbescheid habe die Bußgeldbehörde rechtzeitig zustellen lassen. Anhaltspunkte für eine eventuell unwirksame Ersatzzustellung des Bußgeldbescheides unter der Anschrift in Harsewinkel habe die Bußgeldbehörde dabei nicht gehabt. Bei dieser Sachlage widerspreche es der Intention des Gesetzgebers, die Betroffene in den Genuss der Verfolgungsverjährung kommen zu lassen, nachdem sie zuvor in ordnungswidriger Weise gegen Meldegesetze verstoßen habe.
OLG verneint Rechtsfehler seitens des Amtsgerichts
Die weitere Überprüfung des angefochtenen Urteils ergebe keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen. Die Feststellungen des Amtsgerichts trügen die Verurteilung der Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und auch die vom Amtsgericht verhängte Sanktion.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.04.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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