21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss27.01.2015

Rechts­miss­bräuchlich herbeigeführte Verjährung verhindert nicht die Verfolgung einer Ordnungs­wid­rigkeitVerhinderte ordnungsgemäße Zustellung eines Bußgeld­be­scheides durch Verstoß gegen das Meldegesetz führt nicht zu Verfol­gungs­ver­jährung

Eine wegen einer Verkehrs­ordnungs­widrig­keit verfolgte Betroffene kann sich nicht auf den Eintritt der Verfolgungs­verjährung berufen, wenn sie die ordnungsgemäße Zustellung des Bußgeld­be­scheides in nicht verjährter Zeit rechts­missbräuchlich verhindert hat. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und verwarf damit die Rechts­be­schwerde der Betroffenen gegen das erstin­sta­nzliche Urteil des Amtsgerichts Gütersloh.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die heute 40 Jahre alte Betroffene aus Berlin befuhr mit ihrem Pkw BMW im August 2013 die Münster­land­straße in Gütersloh. Die dort auf 70 km/h begrenzte Höchst­ge­schwin­digkeit überschritt sie um 42 km/h. Wegen dieser Ordnungswidrigkeit übersandte die Bußgeldbehörde der Betroffenen einen Anhörungsbogen, den die Behörde an die Anschrift der Eltern der Betroffenen in Harsewinkel übermittelte. Dort war die Betroffene seinerzeit noch gemeldet, obwohl sie bereits seit 2010 in Berlin wohnte. Aufgrund des Anhörungs­schreibens meldete sich im September 2013 ein Verteidiger der Betroffenen zu den Akten. Im Oktober 2013 erließ die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid, der der Betroffenen unter der Anschrift ihrer Eltern in Harsewinkel im Wege der Ersatz­zu­stellung zugestellt wurde. Eine Abschrift des Bußgeld­be­scheides erhielt ihr Verteidiger, der noch im Oktober 2013 Einspruch einlegte. Im Verlauf des weiteren Verfahrens wandte die Betroffene Verfol­gungs­ver­jährung ein, weil ihr der Bußgeldbescheid nicht vor Ablauf der nach der Anhörung beginnenden dreimonatigen Verjäh­rungsfrist ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

AG verhängt Bußgeld und Fahrverbot

Das Amtsgericht Gütersloh verurteilte die Betroffene - unter Berück­sich­tigung einschlägiger Vorbelastungen - wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit zu einer Geldbuße von 280 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot.

OLG verneint Verfol­gungs­ver­jährung aufgrund rechts­miss­bräuch­lichen Verhaltens der Betroffenen

Die von der Betroffenen unter Hinweis auf die Verjährung gegen das Urteil eingelegte Rechts­be­schwerde blieb jedoch erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat die Verurteilung der Betroffenen bestätigt. Verfol­gungs­ver­jährung sei - so das Oberlan­des­gericht - nicht eingetreten. Zwar sei die Ersatz­zu­stellung des Bußgeld­be­scheides unter der Anschrift der Eltern der Betroffenen unwirksam gewesen, weil die Ersatz­zu­stellung voraussetze, dass der Betroffene an dem Ort der Zustellung tatsächlich wohne. Auf die fehlerhafte Ersatz­zu­stellung und die deswegen abgelaufene dreimonatige Verjäh­rungsfrist könne sich die Betroffene aber nicht berufen, weil sie sich rechts­miss­bräuchlich verhalten habe.

Bekanntgabe des tatsächlichen Wohnsitzes wurde bewusst unterlassen

Zwar habe die Betroffene im vorliegenden Verfahren der Bußgeldbehörde gegenüber nicht aktiv den Anschein erweckt, dass sie an ihrer Meldeanschrift im Harsewinkel tatsächlich noch wohne. Die anwaltlich beratene Betroffene habe es aber im Hinblick auf die von ihr als möglicherweise fehlerhaft erkannte Ersatz­zu­stellung bewusst unterlassen, der Bußgeldbehörde ihren tatsächlichen Wohnsitz zu offenbaren. Sie habe auf diese Weise eine wirksame Zustellung des Bußgeld­be­scheides verhindern wollen, damit Verfol­gungs­ver­jährung eintrete könne.

Bereits unterlassene Ummeldung stellt ordnungs­widriges Verhalten dar

Bei der Bewertung des Verhaltens der Betroffenen sei zu berücksichtigen, dass sie sich bereits durch die unterlassene Ummeldung ordnungswidrig verhalten habe. Zudem solle die vom Gesetzgeber mit drei Monaten bemessene Verjäh­rungsfrist zwischen der Anhörung und der Zustellung des Bußgeld­be­scheides eine Bußgeldbehörde dazu anhalten, einen Bußgeldbescheid im laufenden Verfahren zügig zuzustellen, nachdem die Behörde einen Betroffenen angehört habe. Diesen gesetz­ge­be­rischen Zweck habe die Bußgeldbehörde im vorliegenden Fall beachtet. Das von ihr an die Anschrift in Harsewinkel versandte Anhörungs­schreiben habe die Betroffene erhalten. Auch den Bußgeldbescheid habe die Bußgeldbehörde rechtzeitig zustellen lassen. Anhaltspunkte für eine eventuell unwirksame Ersatz­zu­stellung des Bußgeld­be­scheides unter der Anschrift in Harsewinkel habe die Bußgeldbehörde dabei nicht gehabt. Bei dieser Sachlage widerspreche es der Intention des Gesetzgebers, die Betroffene in den Genuss der Verfol­gungs­ver­jährung kommen zu lassen, nachdem sie zuvor in ordnungs­widriger Weise gegen Meldegesetze verstoßen habe.

OLG verneint Rechtsfehler seitens des Amtsgerichts

Die weitere Überprüfung des angefochtenen Urteils ergebe keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen. Die Feststellungen des Amtsgerichts trügen die Verurteilung der Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit und auch die vom Amtsgericht verhängte Sanktion.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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