18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil09.04.2015

Rücktrittsrecht beim Verkauf eines Fahrzeugs mit veränderter Fahrzeug­identifikations­nummerAm Fahrzeug veränderte FIN begründet zum Rücktritt berechtigenden Rechtsmangel des Fahrzeugs

Der Käufer eines Pkw kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn eine veränderte Fahrzeug­identifikations­nummer einen Diebstahl­verdacht begründet und die behördliche Beschlagnahme des Fahrzeugs zum Zwecke der Rückgabe an einen früheren Eigentümer rechtfertigt. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Detmold.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der in Minsk (Weißrussland) lebende Kläger erwarb im Mai 2011 einen gebrauchten Toyota Land Cruiser von dem beklagten Autohändler aus Augustdorf zum Kaufpreis von 27.000 Euro. Als der Kläger mit dem Fahrzeug im Juli 2011 nach Polen einreiste, fiel auf, dass die sichtbare Kodierung der Fahrzeu­gi­den­ti­fi­ka­ti­o­ns­nummer nicht gestanzt, sondern kopiert und aufgeklebt war. Die polnischen Behörden vermuteten einen Diebstahl, beschlagnahmten den Pkw und beabsichtigen, ihn einem früheren Eigentümer auszuhändigen. Dem liegt nach dem Vortrag des Klägers folgendes, nachträglich bekannt gewordenes Geschehen zugrunde: Der im Jahre 2004 erstzugelasse Toyota habe zunächst im Eigentum einer spanischen Autovermietung gestanden, der er im Juli 2007 gestohlen worden sei. Er sei dann nach Polen verbracht worden, über eine polnische Firma im Oktober 2008 in den Besitz einer polnischen Familie gelangt, innerhalb der Familie vererbt und von einem Famili­en­mitglied dann im April 2011 an die beklagte Firma aus Augustdorf veräußert worden.

Kläger verlangt Rückabwicklung des Kaufvertrags

Der Kläger war der Auffassung, dass der Kaufvertrag rückabzuwickeln sei. An dem gestohlenen Fahrzeug habe ihm die Beklagte kein Eigentum verschaffen können. Von der Beklagten hat er deswegen die Rückzahlung des Kaufpreises von 27.000 Euro und Aufwen­dungs­ersatz verlangt. Die Beklagte hat demgegenüber gemeint, den Kaufvertrag mit dem Kläger ordnungsgemäß erfüllt zu haben, weil sie selbst jedenfalls nach dem Erbfall in Polen Eigentum an dem Fahrzeug erworben und dann beim Verkauf auf den Kläger übertragen habe.

Rechtsmangel des Fahrzeugs berechtigt zum Rücktritt vom Kaufvertrag

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat dem Kläger recht gegeben. Die vom Kläger behauptete Fahrzeug­historie und den von der Beklagten vorgetragenen Eigen­tums­übergang bräuchten nicht im Einzelnen aufgeklärt zu werden. Das Fahrzeug weise einen Rechtsmangel auf, der den Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtige. Der Rechtsmangel werde durch die polnische Beschlagnahme des Fahrzeugs begründet, die auch die Rückgabe des Fahrzeugs an die ursprünglich berechtigte spanische Autover­mie­tungsfirma vorbereiten solle und so zu einem endgültigen Besitzverlust des Klägers führen könne. Dass die spanische Firma zunächst Fahrzeu­gei­gen­tümerin gewesen sei, habe die Untersuchung der gefälschten FIN ergeben, durch die die ursprüngliche FIN habe ermittelt werden können. Hierdurch sei die frühere Eigentümerin zu ermitteln gewesen. Bei dieser Sachlage sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger das beschlagnahmte Fahrzeug habe auslösen können. Auf einen möglichen (gutgläubigen) Erwerb des Fahrzeugs beim Erbgang in der polnischen Familie könne sich die Beklagte nicht berufen, weil der Kläger im Zeitpunkt seiner Rücktritts­er­klärung keine Informationen und Nachweise gehabt habe, um den polnischen Behörden einen derartigen Erwerb nachzuweisen. Die am Fahrzeug veränderte FIN begründe zudem einen Sachmangel des Fahrzeugs, der den Rücktritt des Klägers ebenfalls rechtfertige. Nach dem Vertrags­rücktritt habe die Beklagte dem Kläger den Kaufpreis und ca. 2.500 Euro Kosten zu erstatten, die der Kläger im Vertrauen auf den Erwerb aufgewandt habe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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