21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss02.11.2016

Landwirt kann verschuldens­unabhägig für selbst hergestelles und später konterminiertes Futter haftenTierarztkosten für Behandlung erkrankter Pferde sind vom Landwirt zu tragen

Verfüttert ein Landwirt von ihm hergestelltes, kontaminiertes Gärfutter (Silage) an ein bei ihm eingestelltes Pferd, das hierdurch erkrankt, kann er dem Eigentümer des Pferdes gegenüber verschuldens­unabhängig haften. Darauf wies das Oberlan­des­gericht Hamm in einer Entscheidung hin. Der beklagte Landwirt nahm seine Berufung gegen das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Hagen daraufhin zurück.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger aus Hemer sind Eigentümer eines 1999 geborenen Pinto-Wallachs und Western­reit­pferds. Dieses hatten sie im Pferde­pen­si­ons­betrieb eingestellt, den der Beklagte auf einem Hof in Iserlohn unterhält. Verein­ba­rungsgemäß versorgte der Beklagte das Pferd und fütterte es unter anderem auch mit Heu und selbst hergestellter Silage. Im Jahr 2011 erkrankte das Pferd zeitgleich mit anderen Pferden im Stall des Beklagten, die ebenfalls mit der vom Beklagten selbst hergestellten Silage gefüttert worden waren. Untersuchungen ergaben, dass bei den Tieren eine Botulismus-Erkrankung ausgelöst worden war, für die nur die Silage als Verursacher in Betracht kam.

Gerichte bejahen Haftung des Landwirts

Die Kläger ließen ihr Pferd tierärztlich behandeln, wofür Kosten in Höhe von ca. 15.700 Euro anfielen. Der Beklagte wurde in erster Instanz durch das Landgericht Hagen zur Übernahme dieser Kosten verurteilt. Seine Berufung gegen das erstin­sta­nzliche Urteil blieb erfolglos. Der Beklagte nahm die Berufung zurück, nachdem das Oberlan­des­gericht Hamm auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hatte.

Landwirt haftet auch ohne eigenes Verschulden

Der Beklagte hafte auch ohne eigenes Verschulden für die durch die Botulismus-Erkrankung des Pferdes entstandenen Tierarztkosten, so der Hinweis des Gerichts. Seine Haftung folge aus dem Produkt­haf­tungs­gesetz, das ihm eine verschul­den­su­n­ab­hängige Gefähr­dungs­haftung für den Fehler eines von ihm hergestellten Produkts auferlege.

Landwirt haftet als Hersteller des Produkts

Die vom Beklagten hergestellte Silage sei ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes, das durch die Kontamination mit den Botulismus-Erregern einen bestim­mungs­widrigen Fehler aufgewiesen habe. Der Beklagte sei der Hersteller dieses Produkts, weil er das in seinem landwirt­schaft­lichen Betrieb verarbeitete Gras produziert, gemäht und gesammelt habe. Nach dem Produkt­haf­tungs­gesetz hafte auch ein Grund­s­toff­pro­duzent. Nach dem Wegfall des Haftungs­pri­vilegs für Naturprodukte seien auch die von Landwirten erzeugten Grundstoffe für Nahrungsmittel in die Produkthaftung einbezogen. Darüber hinaus habe der Beklagte das von ihm selbst produzierte und geerntete Gras zwecks Herstellung der Silage weiter­ver­a­r­beitet. Auch das mache ihn zum Hersteller.

Landwirt war Gefahr einer Kontamination der Silage bekannt

Zu Gunsten des Beklagten greife keiner der im Produkt­haf­tungs­gesetz geregelten Ausnah­me­tat­be­stände ein. Der Beklagte habe die von ihm produzierte Silage geschäftlich in den Verkehr gebracht, indem er sie verein­ba­rungsgemäß an das Pferd der Kläger verfüttert habe. Die Gefahr einer Kontamination der Silage, die zur Entstehung von Botulintoxin führen könne, sei zum damaligen Zeitpunkt allgemein bekannt und dem Beklagten auch bewusst gewesen. Die Kontamination stelle einen Fabri­ka­ti­o­ns­fehler dar, von dem sich der Hersteller nicht entlasten könne. Unerheblich sei auch, ob er die Kontamination mit vertretbarem Aufwand habe feststellen können, weil der Hersteller nach dem Produkt­haf­tungs­gesetz auch für sog. "Ausreißer" hafte.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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